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[REZENSION] Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry

Titel: Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry (OT: The unlikely pilgrimage of Harold Fry)
Autor: Rachel Joyce
Illustrator: -/-
Übersetzer: Maria Andreas-Hoole
Verlag: Krüger
Reihe: -/-
Ausführung: Hardcover, 384 Seiten

Autor:
Rachel Joyce weiß, wie man Menschen mit Worten ganz direkt berührt. Die Autorin hat über 20 Original-Hörspiele für die BBC verfasst und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet. Daneben hat sie Stoffe fürs Fernsehen bearbeitet und auch selbst als Schauspielerin für Theater und Film gearbeitet. “Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry” ist ihr erster Roman. Er erscheint in über 30 Ländern auf der ganzen Welt. Rachel Joyce lebt mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Gloucestershire auf dem Land.

DIE UNWAHRSCHEINLICHE PILGERREISE DES HAROLD FRY

Ausgelöst durch den Brief seiner früheren Arbeitskollegin Queenie Hennessy startet der Rentner Harold Fry auf eine unwahrscheinliche Pilgerreise quer über den britischen Kontinent. Zunächst wollte er nur einen Brief in den nächsten Briefkasten werfen, doch dann läuft er daran vorbei und auch am Postamt, aus der Stadt hinaus und immer weiter…
Queenie ist an Krebs erkrankt und Harold hat es sich in den Kopf gesetzt, dass er mit seiner Reise und dem festen Glauben ihre Krankheit aufhalten kann. Letztendlich liegen 87 Tage und 1000 Kilometer zwischen dem Aufbruch in Südengland und der schottischen Grenze, an der Queenies Hospiz liegt.

Ich breche jetzt auf. Solange ich gehe, muss sie leben. Bitte sagen Sie ihr, dass ich sie diesmal nicht im Stich lassen werde. S.28

Harold Fry bricht aus seinem alten Leben aus, dass in einen alltäglichen Trott und Gewohnheiten verfallen ist, seine Frau und er haben sich seit Jahren nichts mehr zu sagen, über der Entwicklung ihres Sohnes und seinen Hang zum Trinken und seiner Perspektivlosigkeit haben sie sich entzweit. Allein die Entwicklung, die Harolds Leben genommen hat, die tägliche Routine und die Eintönigkeit, die sich darin eingenistet hat, zwingen einen dazu, seine Reise Schritt für Schritt zu verfolgen, aus Angst, selbst eines Tages wie er zu enden oder aus Angst, etwas Wichtiges im Leben zu verpassen, falsche Entscheidungen zu treffen, Gelegenheiten ungenutzt verstreichen zu lassen.

Wenn wir nicht ab und zu was Verrücktes tun, können wir uns gleich begraben lassen. S.45

Seine Reise beginnt gemächlich, häufig zweifelt Harold an seinem Entschluss und braucht den Zuspruch zufälliger Weggefährten, um an seinem Plan festzuhalten. Er wirft viel alten Ballast aus seinem Leben ab auf seiner Reise zu Queenie, hält aber auch an alten Gewohnheiten fest, möglicherweise, um sich selbst nicht zu verlieren, so sattelt er bis zum Schluss nicht auf Wanderschuhe um, sondern behält seine Segelschuhe, bis diese kaum noch zusammenhalten.
Die Menschen, die Harold auf seiner Reise trifft, gewinnen nicht immer die Sympathie des Lesers, trotzdem ist jeder einzelne von ihnen ein wichtiges und unverzichtbares Mosaiksteinchen auf Harolds Weg, sie spiegeln zum Teil Facetten aus seinem aktuellen Leben und seiner Vergangenheit wieder und zwingen ihn dazu vergangenes Revue passieren zu lassen und zu überdenken. Rachel Joyce stellt so viele Charaktere nur in Momentaufnahmen vor, und
trotzdem berührt sie damit stärker das Herz des Lesers, als es manche
Autoren mit einem ganzen Buch vermögen.
Je weiter man an Harolds Seite durch England pilgert, desto klarer wird einem, dass Harold nicht nur zu etwas hin, sondern auch vor etwas wegläuft. Im Laufe seiner Wanderschaft werden seine Frau Maureen und sein Sohn David stärker in die Geschichte involviert und es wird immer deutlicher, dass die Freundschaft zu Queenie nicht der einzige Grund ist, weshalb Harold Kilometer um Kilometer zurücklegt.
“Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry” enthält unheimlich viele bemerkenswerte Textstellen und kleine Lebensweisheiten, dass man ständig beim Lesen innehalten möchte, um sich Wort für Wort zu verinnerlichen. Neben dem leichtfüßigen Schreibstil hat mir bei der Umsetzung besonders die Überschriftenauswahl der Kapitel gefallen. Rachel Joyce setzt sie immer mit einem Protagonisten aus dem Buch in Verbindung.

Fazit:
“Die unwahrscheinliche Reise des Harold Fry” ist eine tiefgründige Geschichte über Liebe, Freundschaft und Vergebung: über wirklich wichtige Dinge im Leben, die man so häufig über Nebensächlichkeiten aus den Augen verliert. Obwohl die Füße auf 1000km schwer werden und manche Themen voller Schwermut sind, gelingt es Rachel Joyce die Geschichte leichtfüßig zu erzählen und nicht nur dem namensgebenden Protagonisten ein Lächeln für die schönen Dinge im Leben auf die Lippen zu zaubern.
Rachel Joyce hat mit ihrem Debütroman eine Geschichte geschaffen, die auf viele Arten berührt, sie bringt einem zum Lachen, Weinen und Nachdenken und hallt noch lange in Gedanken nach.

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4 thoughts on “[REZENSION] Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry

  1. Das klingt richtig toll und ich ärgere mich, dass ich keinen näheren Blick auf das Buch gewagt habe, weil mich der Titel und das Cover überhaupt nicht neugierig gemacht haben. Nur gut, dass es Blogger und ihre Rezensionen gibt :)

    LG
    Linda

  2. Danke, dass du dich an dieses Buch gewagt hast. Ich hab wegen dem massiven Werbeaufwand eine gewisse Antipathie entwickelt und mit dem Cover gings mir wie Linda. Es klingt sympatisch, und wenn mir der Lesestoff in diesem Genre ausgeht, dann komm ich doch mal drauf zurück. ;)

    1. Ich versuche immer mich so gut es geht NICHT von anderen Stimmen und/oder Werbemaßnahmen beeinflussen zu lassen. Der Werbeaufwand ist hier wirklich sehr massiv, andererseits fand ich die Idee mit den 100 gestarteten Wanderbücher zu diesem Titel aber auch wunderschön :)

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