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[COOL-TOUR-KATZE] Oetinger Bloggertreffen mit Paul Maar

Redakteur: Anette Leister

Beim Oetinger Bloggertreffen war Paul Maar zu Gast und stand für viele Fragen Rede und Antwort.

Paul Maar: Als Kind habe ich einen Menschen gekannt, der genauso war wie ich ihn dann als Herrn Taschenbier beschrieben habe. Er war sehr angepasst, sehr schüchtern und ein bisschen ängstlich, kontaktgestört. Er hätte nie von sich aus einen Erwachsenen angesprochen, nur zu Kindern hatte er einen Draht, zu mir war er sehr freundlich und er war auch derjenige der mich mal zur Seite genommen hat, anstelle meines Vaters kann man so sagen, der mich beiseite genommen hat und sagte “Paul, ich habe wieder deine neuen Bilder gesehen, ich gebe dir einen Rat, Du nimmst nicht das elterliche Geschäft, dass kann dein Bruder machen. Du musst unbedingt auf die Kunstakademie.”. Das habe ich dann auch getan. Und ich hätte diesem Menschen gerne als Kind mehr Lebensfreude vermittelt, aber das kann man als Kind natürlich nicht. Da sieht man nur “mein Gott, der ist immer so melancholisch”, aber wenn man dann ein erwachsener Autor ist, dann kann man den zum Leben erwecken und den Namen Taschenbier geben und genauso beschreiben wie dieser Mensch war und gibt ihm dann eine Gegenfigur, die als das verkörpert, was er nicht in sich selbst hat. Also: er ist schüchtern, dann muss die Gegenfigur frech sein. Er ist ängstlich, dann muss sie mutig sein. Er ist kontaktgestört, dann muss sie jeden anquatschen und wenn er so ein bisschen melancholisch ist, dann muss die Gegenfigur am meisten über seine eigenen Witze lachen und damit hatte ich schon die Gegenfigur. Jetzt musste ich ihr einen Namen geben. Da kam ich auf die sehr geniale Idee – ich muss das so nennen *alles lacht*, dass ich gewissermaßen die Figur nicht wie Pinocchio aus Holz schnitzen oder aus einer Mülltonne kommen lasse, sondern sie entsteht durch das Wort, gewissermaßen durch die Literatur selbst. Am Sonntag Sonne, Montag Herr Mohn, am Dienstag Dienst, Mittwoch Wochenmitte, Donnerstag Donner und Freitag Frei, da muss am Samstag das Sams kommen und da hatte ich schon den Namen und dann mussten wir nur noch das Äußere zurechtlegen, da haben mir meine Kinder etwas über die Schulter geschaut, “nee das nicht, das sieht zu sehr aus wie ein Alien, kannst du nicht das Kinn länger machen?” bis die Kinder einverstanden waren und so war das Sams entstanden.
Da kann ich auch gleich weiter erzählen, aber ihr kommt schon noch zu euren Fragen. Meine Bücher sind inzwischen in nahezu 50 Sprachen übersetzt, aber es ist nicht etwa so, dass das Sams das meist übersetzte Buch ist, denn ich habe es den Übersetzern sehr schwer gemacht. Es ist also auch z.b. ins Arabische übersetzt, aber es war nicht einfach. Ich habe meinen arabischen Übersetzer gefragt, wie heißen denn bei euch die arabischen Wochentage, da sagte er die heißen wörtlich übersetzt “erster Tag, zweiter Tag, dritter Tag, vierter Tag, fünfter Tag” und wie willst du das machen, sage ich, das da am Montag Herr Mohn kommt, es am Donnerstag donnert, damit logischerweise am Samstag das Sams kommt? Er hat einen Weg gefunden!
Verlag: Wahnsinn, ich bin begeistert. Jetzt ist ja ganz frisch im September das Weihnachts-Sams erschienen, eine neue Geschichte, die es noch nicht gibt. Die anderen Bände werden neu illustriert und neu aufgelegt. Können Sie sagen, warum das Sams jetzt Weihnachten feiert?
Paul Maar: Es wird langsam mal Zeit. Ich habe festgestellt, dass jeder bekannte deutsche Autor, jede Autorin mal ein Weihnachtsbuch geschrieben hat. Andreas Steinhöfel sogar schon das zweite, Kirsten Boie hat eins geschrieben, Erhard Dietl und ich dachte, es gibt so verschiedene Genre der Kinderliteratur, es gibt das Ponybuch, das Pferdebuch – hauptsächlich von Mädchen gelesen – Abenteuerbücher, fantastische Geschichten, und ein Genre ist das Weihnachtsbuch, was gar nicht so einfach zu behandeln ist, weil man da leicht abschweift in Sentimentalität oder das es zu sehr rührseelig wird. Weihnachten verbindet man ja mit Heimeligkeit und ich dachte, wenn ich ein Weihnachtsbuch schreibe, wird es bestimmt nicht so, denn da feiert das Sams Weihnachten, und da wird alles anders.
Verlag: Wir sind also gespannt. Wer wissen will, wie das Sams Weihnachten feiert, kann heute einen Blick hineinwerfen.
Jetzt sind alle ganz neugierig, Sie haben ja schon mehrfach gesagt, es wird keinen neuen Sams-Band mehr geben. Wird es nach dem Weihnachts-Sams noch einen Sams-Band geben?
Paul Maar: Ich habe nach jedem Sams-Band gesagt und immer daran geglaubt, DAS ist jetzt der letzte und das glaube ich auch jetzt wieder.
Blogger: Das Sams wurde ja jetzt mit neuen Illustrationen aufgelegt, war das ihre Idee oder kam das mehr vom Verlag und was halten sie vom neuen Sams im Vergleich zum alten?
Paul Maar: Ein bisschen war es meine Idee. Als ich die Sams-Bücher in den 70er und 80er Jahren geschrieben habe, war farbig drucken noch sehr teuer, da gab es den 4Farben-Druck und da kostete ein Buch gleich 3-4 Euro mehr. Inzwischen gibt es den digitalen Druck und es ist egal, ob man schwarzweiß oder farbig druckt, es kostet den erlag das gleiche. Mittlerweile sind die Kinder daran gewöhnt, dass sie ein Buch aufschlagen und alles ist in Farbe. Da sagte der Verlag, sie müssten sich jetzt hinsetzen und für alle acht Bücher neue Entwürfe in Farbe machen. Ich rechnete aus, dass ich dafür 1 Jahr und 4 Monate brauchen würde und sagte, nein, das mache ich nicht, da schreibe ich lieber ein neues Buch in der Zeit. Der Verlag schlug mir Nina Dulleck vor, die gerade mein neues Buch “Kakadu und Kukuda” illustriert hatte. Nina Dulleck hatte etwas andere Vorstellungen, wie ein Sams auszusehen hat. So ganz mein Sams ist es nicht. aber ich stelle fest, nach Lesungen kommen viele Erwachsene, und erzählen mir, als Kind war das Sams mein Lieblingsbuch und nun lese ich es meinem Sohn vor. Am Büchertisch greifen die Kinder dann direkt zum farbigen Sams und die Erwachsene zum alten Sams.
Blogger: Manche Genre werden von den Zeitungen nicht so aufgenommen. Das Sams ist ja ein Kinderbuch. Wurden Sie jemals für das Sams belächelt oder wurde es immer gut aufgenommen?
Paul Maar: Ich habe das Sams ja schon in den 70er Jahren geschrieben, da herrschte eine andere Stimmung, da gab es das Nein-Buch für Kinder, das Streit-Buch für Kinder, man sagte, man sollte den Kindern die Realität vermitteln. Im Grunde genommen sollten die Bücher das vermitteln, was die Eltern nicht geschafft haben. Und da kam nun das ganz fantastische Sams-Wesen, was nicht belächelt wurde, aber kritisiert. Ich würde ein Wolkenkuckucksheim für Kinder bauen und sollte lieber eine Geschichte von einem Hausmeister in der Schule erzählen. Damals war es auch noch nicht so aktuell Scheidungsgeschichten zu erzählen, wobei ich das auch gemacht habe. Es gibt ja von mir ein Theaterstück “Papa wohnt jetzt in der Heinrichstraße”, aber es hat mir immer mehr Spaß gemacht fantastische Geschichten zu erzählen. Erst “Der tätowierte Hund” und dann “Das Sams”.
Blogger: Was halten Ihre Kinder und Enkel von Ihren Geschichten?
Paul Maar: Mein ältester Sohn ist schon über 50, meine Enkel schon über 20. Als Kinder haben sie meine Geschichten gerne gelesen. Mein Sohn ist immer noch mein größter Kritiker. Er ist ein großer Stilist, er hat schon viele Bücher bei Suhrkamp veröffentlicht. Bevor ich ein Manuskript an einen Verlag schicke, gebe ich es ihm zu lesen.

Paul Maar: Das Weihnachts-Sams spielt zur Zeit des dritten Sams-Bandes. Das Sams hat keine Ahnung von Weihnachten, muss man da weinen oder Wein trinken? Das neugeborene Kind in der Weihnachtsgeschichte
haben sie in eine Futtergrippe gelegt, wo vorher Esel und Ochse daraus
gefressen haben? Das ist derart unhygienisch! Und die Hirten kamen mit
schmutzigen Füßen in den Stall, haben die wenigstens ihre Schuhe
abgeputzt?… So geht das also weiter und das Sams stellt alles in Frage.
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