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[REZENSION] Hanekamp, Tino – So was von da (Hörbuch)

Tino Hanekamp
So was von da, gelesen von Florian von Manteuffel
Verlag: DAV
Länge: ungekürzte Lesung, ca. 435 Minuten
ISBN-10: 3862310523
ISBN-13: 978-3862310524

In Tino Hanekamps autobiographisch angehauchtem Roman wacht Oskar Frobel am Morgen des 31. Dezembers völlig verkatert neben einer schönen, aber ihm völlig unbekannten, Dame auf. Verschuldet bis über beide Ohren, steigt an diesem Abend die letzte Party in seinem Club, bevor dieser von den städtischen Abrissbaggern dem Erdboden gleich gemacht wird. Doch Zeit zum Grübeln und für Sentimentalitäten bleibt Oskar in den letzten Stunden des alten Jahres und seines Clubs nicht: verschrobene, verzweifelte, schrullige und liebenswerte Charaktere geben sich an diesem Abend die Klinke in die Hand. Ex-Zuhälter Kiezkalle stürmt Oskars Wohnung und fordert auf Grund eines früheren Gefallens von ihm 10.000€, sein bester Freund und gefeierter Rockstar Andreas „Rocky“ Rockmann bricht gemeinsam mit ihm in das Haus seiner Mutter – der verhassten Hamburger Innensenatorin – ein, um seinen totkranken Vater – den „toten Elvis“ – zu befreien. Der melancholische russische Türsteher Leo zählt alles, was ihm vor die Nase kommt (in der Vertonung mit Florian von Manteuffel ein genialer Runninggag!), Oskars beste Freundin Nina sucht nach neuen Lebensinhalten, ein polnischer Stripper und Arzt leistet erste Hilfe bei diversen Dancefloor-Unfällen, ein Fahrstuhl bleibt stecken, eine wertvolle Gitarre wird zerstört, ein Herz erleidet einen Infarkt… und dann ist da noch Mathilda, Mathilda, M-A-T-H-I-L-D-A… Oskars große Liebe, die vor Jahren seit Leben verlassen hat, aber immer noch das Herzstück all seiner Gedanken ist.

Die Personen und die Lokationen wechseln wie ein Blitzlichtgewitter, die Sätze sind kurz, schnell und sprudeln heraus, wie Oskar der Schnabel gewachsen ist. Bei dem Hörbuch ist man nicht nur Gast(-hörer), man ist im wahrsten Sinne „so was von da“ auf der irrsten Party des Jahres!
Doch Oskars Geschichte ist nicht nur eine Liebeserklärung an den Hamburger Kiez, sondern an wahre Freundschaft, die Liebe und das Leben an sich und ganz sicher wird nicht nur auf Oskars Grabstein eines Tages stehen, dass er es wenigstens versucht hat! Mit gerade mal 23 Jahren hat Oskar schon so viel erlebt und erzählt seine Geschichte dank Unterstützung seiner Scheißhauslektüre „Marc Aurel“ mit einer viel größeren Weisheit als mancher Greis, dass einem beim Zuhören leichte Wehmut packt und man anfängt von seiner eigenen Party zu träumen… Aber wenn einem eine Sache klar geworden ist nachdem man Oskar Frobels Geschichte gehört hat, dann ist es, dass es für eine Party nie zu spät ist, auch dann nicht, wenn der Tod schon vor der Tür steht.
Florian von Manteuffels Stärke liegt sicher nicht in der unterschiedlichen Intonation verschiedener Charaktere. Um ehrlich zu sein, kann ich ihn mir nach dieser Lesung nicht als Sprecher für einen dialoglastigen Roman vorstellen, allerdings ist ihm die Rolle von Oskar Frobel wie auf den Leib geschrieben und ich bin mir sicher: keiner hätte ihn besser verkörpern können als Florian von Manteuffel! Seine Sprache ist schnoddrig und er schießt Oskars ungefilterte Gedankenströme stakkatoartig heraus, Tino Hanekamps Textvorlage ist ehrlich und authentisch, seine Figuren überspitzt gezeichnet und ein Spiel mit Klischees. Der Hörer wird von einem immer stärker werdenden Sog erfasst, so dass er sich der wilden Partynacht nicht entziehen kann, bis das letzte alkoholische Getränk über den Tresen gegangen ist und die letzten Besucher den Club verlassen haben. Neben traurigen und melancholischen Einlagen sorgen viele bizarre und überdrehte Momente für Lacher. Hier ist nichts gestellt, hier ist nichts vorhersehbar, das ist das wahre Leben und das sollte man nicht einfach an sich vorbeiziehen lassen! Und wer nach dem Hören nicht von der verrücktesten Party des Jahres berauscht ist, weiß danach zumindest, wie man eine solche stemmt ;)
Hinter dem nüchternen und klaren Cover versteckt sich ein umso schillernderer und überraschenderer Inhalt. Ein Hörbuch, dass ich bestimmt ein zweites oder drittes Mal hören werde, allein um die vielen Weisheiten Oskars erneut zu verinnerlichen, denn in dieser kurzen, aber heftigen Geschichte steckt so viel drin, dass man nach einmaligem Hören noch gar nicht jede Nuance und Klangfarbe dieser einzigartigen Partynacht in sich aufgenommen hat.

Aufmachung des Hörbuchs:
Das Cover ist dasselbe, wie das der im KiWi-Verlag erschienenen Buchausgabe. Die etwas labberige Papphülle ist nur bedingt transportgeeignet und anfällig für Knicke und angestoßene Ecken.
Auf der Rückseite der Hülle befindet sich eine Kurzbeschreibung des Inhalts, innen sind die Vita des Autors und nähere Angaben zu der Hörbuchveröffentlichung abgedruckt.

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