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[REZENSION] Jeltsch, Christian / Kraemer, Olaf – Abaton 1: Vom Ende der Angst

Christian Jeltsch / Olaf Kraemer
Abaton 1: Vom Ende der Angst
Verlag: mixtvision
400 Seiten, Hardcover
ISBN-10: 3939435384
ISBN-13: 978-3939435389
empfohlenes Lesealter: ab 14 Jahre

Laut Wikipedia versteht man unter Abaton (von griechisch άβατος, altgriechische Aussprache ábatos, „unzugänglich“ [Adjektiv in Maskulinum], Plural Abata) einen heiligen, für die meisten Menschen unbetretbaren Ort.

Zu Zeiten des „Tausendjährigen Reichs“:

Die Trilogie „Abaton“ erzählt im Prolog die Geschichte eines Mannes namens Bernikoff, der zu Zeiten des „Tausendjährigen Reichs“ unter der Diktatur der Nationalsozialisten in einer Zeitung eine Fortsetzungsgeschichte namens „Abatonia“ veröffentlichte, eine scheinbar harmlose Bildergeschichte eines Bienenstaates: die Geschichte von zwei einfachen Bienen, die es auf eine unbewohnte Insel verschlagen hat und die dort die Welt neu erschaffen wollen: eine Welt frei von Tyrannei! Doch irgendjemand fand damals heraus, was der Autor Bernikoff mit seiner Geschichte tatsächlich sagen wollte und so wurde „Abatonia“ auf Geheiß des Reichspropaganda-Misteriums bereits nach drei Episoden eingestellt…

Heute:

Linus, Edda und Simon lernen sich in einem Camp kennen, dessen Teilnehmer bei einem Wettbewerb gewonnen haben, wie sie sich die Welt in der Zukunft vorstellen und welche Visionen sie haben ihre Zukunft besser zu gestalten. Doch Edda ist nur zufällig dort, sie hat ihren Wettbewerbsbeitrag manipuliert, um dort einen Jungen zu treffen. Doch tatsächlich vereint Linus, Edda und Simon mehr, als es zunächst den Anschein hat. Zufall?

‚…nur gab es in Wirklichkeit keine Zufälle, dachte Edda. Es gab nur Ereignisse. Ereignisse, die man entweder miteinander in Verbindung bringen konnte oder nicht.‘

Die drei Jugendlichen bilden zusammen eine „kritische Masse“, auf die es schon bald die Veranstalter des Camps abgesehen haben, hinter dem vermeintlichen Jugendcamp steht eine Vereinigung namens „Gene-Sys“. Gibt es eine Verbindung zwischen den drei Jugendlichen, dem Verschwinden von Linus Eltern im Berliner Untergrund vor einem Jahr und den mysteriösen Graffiti, die Linus auf der Suche nach ihnen entdeckt?
Viel mehr will ich zum Inhalt gar nicht verraten. Gerade die stetig ansteigende Spannung und die unvorhersehbaren Wendungen machen einen Großteil der Faszination dieses Buches aus.

Zu Beginn fühlte ich mich ein wenig so, als hätte mich ein Flipperautomat in diese Geschichte hineinkatapultiert. In einem rasanten Tempo wechselt der Leser zwischen Handlungsebenen und Protagonisten hin und her, doch sind die kurzen Sequenzen so perfekt geschnitten, dass ich mir beim Lesen zu keinem Zeitpunkt verloren vorkam. Man merkt dem Schreibstil positiv an, dass die beiden Autoren auch Drehbücher für Spielfilme schreiben, denn der dramaturgische Aufbau und das Erzähltempo heizen die Neugier und die Faszination für das Gelesene immer mehr an, so dass ich das Buch tatsächlich kaum aus der Hand legen konnte, obwohl die Geschichte auf einer bestimmten Ebene die Gehirnzellen fordert und das Schriftbild zunächst an einen unstrukturierten und unformatierten Fließtext erinnert. Christian Jeltsch und Olaf Kraemer fordern ihre Leser, aber sie überfordern sie nicht. Meister ihres drehbucherprobten Handwerks, wissen die beiden ganz genau, wie parallele Handlungsstränge, Perspektiv- und Zeitebenenwechsel miteinander verknüpft werden müssen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.

Das Buch, das von außen und auch auf den ersten Blick ins Innere zunächst nicht spektakulär erscheint, offenbart nach näherer Inspektion mehr als nur ein raffiniertes Geheimnis: die Kapitelzählweise in vierstelligen Ziffern wirkt fürs erste genauso abschreckend wie der Fließtext, bei näherer Betrachtung stellt man allerdings fest, dass die Kapitel darüber eindeutig gekennzeichnet sind, nicht nur fortlaufend in den drei Teilen dieses Bandes, sondern über die gesamte Trilogie hinweg. Ein weiteres Gimmick fällt schnell ins Auge, wenn man grüblerisch die Seiten zwischen den Fingern hin- und herblättert, weil man wie ich versucht hinter die Verbindung der drei Jugendlichen zu kommen. Ein Tipp: bestimmte Markierungen ziehen sich fortlaufend durch das ganze Buch und stellen eine Verbindung zum Inhalt her. Daneben springen einige weitere Seiten innerhalb der Geschichte ins Auge mit blau hervorgehobenen Buchstaben, Wörtern, die in geschweiften Klammern gesetzt sind oder I’s, die auf einer Doppelseite im Buch verteilt sind, die von der Nummerierung nicht in den Ablauf passen. Sind das Codes? Soll der Leser verwirrt und vom Pfad abgebracht werden? Ich weiß es nicht, und ich weiß auch nach dem Ende der ersten Geschichte um Linus, Edda und Simon nicht, wohin der Weg letzten Endes führen soll.

Die Autoren bezeichnen ihren Roman selbst als „Science-Faction-Thriller“, denn so unglaublich einige Entwicklungen in diesem Roman scheinen, ist doch alles möglich! Die heutigen Möglichkeiten in Wissenschaft und Technik rufen manchmal ungläubiges Staunen hervor, das Vermögen der menschlichen Psyche – und das Vermögen diese zu beeinflussen – jedoch weit mehr! Was ist noch Wirklichkeit und was schon Traum?
Neben den Thrillerelementen und Erforschung der menschlichen Psyche dreht sich in diesem Buch sehr viel um Freundschaft und Familie, aber auch um die erste Liebe. Die Dreieckskonstellation Linus, Edda und Simon wird in den Folgeromanen sicherlich noch für Konfliktpotential sorgen, da man im Serienauftakt „Vom Ende der Angst“ bereits aufkeimende Eifersucht zwischen den beiden Jungen in Bezug auf Edda spüren konnte.

‚Edda hasste Bücher über Zauberer und magische Portale, über Elfentanz und sprechende Einhörner. Sie fühlte dabei einfach nichts. Immer wenn ein Problem in diesen Geschichten auftauchte, wurde irgendein verlauster Gnom oder Troll ins Rennen geschickt, um es zu lösen. Wie konnte man sich diesen Müll nur reinziehen?‘

Ein Roman, der verwirrt und fasziniert.
Eine Geschichte, die ich so noch nie gelesen habe.
Ein Layout, das den Inhalt der Geschichte aufgreift, wenn man es interpretieren kann.
Zwei Autoren, die Kino mit ihrem impulsiven Schreibstil in meinem Kopf  implantiert haben.
Ein Auftakt, der mich beinahe völlig im Dunklen lässt, wohin die Reise gehen mag…
… nur eine Sache ist sonnenklar: der „Verlockung des Bösen“ werde ich mich auf keinen Fall entziehen können!

Reihen-Info:
Abaton 1: Vom Ende der Angst
Abaton 2: Die Verlockung des Bösen (Herbst 2012)
Abaton 3: erscheint voraussichtlich im Herbst 2013

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3 thoughts on “[REZENSION] Jeltsch, Christian / Kraemer, Olaf – Abaton 1: Vom Ende der Angst

  1. Hallo,

    deine Rezension gefällt mir wirklich sehr gut! Das Buch liegt auch noch auf meinem SUB und ich werde es demnächst mal in Angriff nehmen.

    LG
    Jai

  2. Danke :D Du glaubst gar nicht, wie oft ich die Rezension zu "Abaton" in die virtuelle Tonne gekloppt habe – ich fand's total schwer zu diesem Buch etwas zu schreiben was neugierig macht, aber nicht zu viel verrät! Ich hoffe, dich begeistert "Abaton" genauso wie mich, es ist wirklich etwas völlig anderes!

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