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[COOL-TOUR-KATZE] Lesung „Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket“ in Frankfurt

Redakteur: Anette Leister

Vom Mut, anders zu sein

Eine wunderbar phantasievolle Parabel – nicht nur für Kinder

Die Brockets sind eine absolut normale Familie – bis auf Barnaby. Denn der schwebt! Und so gern er es auch lassen würde, es gelingt ihm nicht. An einem schicksalhaften Tag geschieht das Unfassbare: Barnaby schwebt davon, immer weiter, hoch in den Himmel hinein. So beginnt eine magische Reise durch die Welt, in der Barnaby höchst sonderbare Abenteuer erlebt. Er lernt eine Reihe kurioser und liebenswerter Freunde kennen. Und am Ende begreift er, dass er so normal wie seine Eltern gar nicht sein möchte: Er ist froh, anders zu sein. (Quelle)

Lange blieb „Der Junge im gestreiften Pyjama“ das einzige von mir gelesene Buch John Boynes in meinem Regal, was mich aber nicht daran hinderte, mir fast alle seine bisher in deutscher Übersetzung erschienenen Werke blind zu zulegen, da mich sein Buch nachhaltig beeindruckt hat und ich seine Themenwahl beziehungsweise deren Umsetzung teilweise erfrischend anders finde.

Als ich dann die Entdeckung machte, dass John Boyne diesen Herbst auf Lesereise geht, um sein neustes Buch vorzustellen, angelte ich mir endlich mit „Zu schnell“ meinen zweiten Boyne aus dem Regal und lese mit „Der Junge mit dem Herz aus Holz“ derzeit meinen dritten.
John Boyne hat jedoch nicht nur Bücher für junge Leser geschrieben, genau genommen fing er als Autor für Erwachsenenliteratur an, bis sich sein „Der Junge im gestreiften Pyjama“ seinen Erfolg auch auf dem Jugendbuchsektor bahnte, und er seitdem im Wechsel ein Buch für Erwachsene und ein Buch für junge Leser schreibt. Für junges Lesepublikum zu schreiben ist einerseits einfach, er schreibt aus der Sicht eines jugendlichen Protagonisten und erschafft damit ein Buch „von“ Jugendlichen für Jugendliche, jedoch ist es andererseits auch schwer, denn Kinder und Jugendliche sind häufig kritischere Leser als Erwachsene, da sie ihre Lieblingsbücher teilweise Dutzendfach verschlingen und ihnen so jedesmal wieder ein neues Detail auffällt (oder vielleicht auch mal missfällt).

Zwischen den, von Margarete von Schwarzkopf, moderierten Teilen der Veranstaltung las John Boyne zwei Passagen aus seinem neusten Werk vor. Beides war gleichermaßen interessant und fesselnd, so dass die angesetzte Zeit von knapp über einer Stunde wie im Fluge verging.

John Boyne erzählte den Zuhörern u.a. wie die Idee zu Barnaby Brocket entstand: er war mit seinem Hund in einem Dubliner Park spazieren, dabei zog der Hund so hart an der Leine, dass John mitgerissen wurde und sein zweiter Arm in die Luft flog, da dachte er sich, wie es wohl wäre an dem Arm vorne einen Hund an der Leine zu führen und an dem Arm in der Luft ein fliegendes Kind?
Die Geschichte von Barnaby soll zeigen, dass es toll ist anders zu sein. Dass es etwas ist, worauf man stolz sein kann. Wo Erwachsene denken „aber das ist doch nicht normal, das ein Kind fliegt“, denken Kinder „wow, wie toll, das würde ich auch gerne können, das ist wunderbar“.
Gemeinsamkeiten haben seine Bücher auf den ersten Blick keine, auf den zweiten schon: die Kinder, die in seinen Büchern eine Rolle spielen, lesen alle gerne, und zwar bevorzugt Klassiker, wie Heidi, Werke von Charles Dickens oder Jules Verne, oft spielen dabei Waisen die Hauptrolle. Gerne zitiert er berühmte Werke in seinen Büchern, so beinhaltet „Der Junge mit dem Herz aus Holz“ ein Motiv aus Pinocchio und aus „Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket“ las er eine Stelle, die ein wenig von Alice im Wunderland inspiriert ist. So ist es mehr als passend, dass Oliver Jeffers – der bereits Bilder zu „Der Junge mit dem Herz aus Holz“ beigesteuert hat – die Vorsatzseite von Barnaby Brockets Abenteuern mit einem Stapel klassischer Werke verziert hat. Dabei kann man aber alle Bücher – Gemeinsamkeiten hin oder her – unabhängig voneiander lesen. John Boyne schreibt keine Mehrteiler, nur in sich abgeschlossene Geschichten. Dabei gab er eine kleine Geschichte zum Besten, wie er mit seinem Neffen in einer Buchhandlung war und dieser sagte, irgendwie gäbe es nur noch Serien und keine Einzelromane mehr, die er lesen könnte. John Boyne gefällt dieser Umstand nicht besonders, er sagt, in Gewisserweise ist es unfair von einem Leser zu verlangen, immer mehr Bücher eines Autoren lesen zu müssen, um überhaupt zu erfahren, wie eine Geschichte enden wird. Er erfindet deshalb lieber immer neue Szenarien und gibt seiner Leserschaft mit jedem Buch auch ein Ende mit auf den Weg (wobei seine Enden selten ein Happy End sind, genaugenommen wäre Barnaby Brocket wohl sein erstes Werk, in dem keiner sterben muss).

John Boyne ließ die Anwesenden außerdem wissen, dass sein Lieblingswerk unter seinen Romanen „The Absolutist“ ist (dt. „Das späte Geständnis des Tristan Sadler“), dass zur Zeit für eine Mini-Fernsehserie adaptiert wird. Dabei ist er zwar stolz darauf, dass einige seiner Werke auch in Film und Fernsehen erfolgreich sind, viel wichtiger ist ihm aber das Medium Buch, er selbst schreibt deshalb keine Drehbücher, ihm liegt weit mehr daran, ein neues Werk auf die Welt zu bringen. Momentan schreibt er wieder an einem Erwachsenenroman, der erste seiner Romane, der in Irland spielt, danach wird er wieder ein Jugendbuch schreiben. Barnabys Geschichte spielt übrigens in Australien, da John Boyne dieses Land liebt und dort Zeit verbringt, so oft es ihm möglich ist. Ein Grund für die Faszination Australiens wäre für ihn unter anderem der große Zeitversatz, dass alles auf den Kopf gestellt ist. Wenn die ganze Welt schläft, ist Australien wach: John Boyne ruft morgens seine Mails ab und fühlt sich den Rest des Tages frei, weil alle anderen schlafen.

mmmh… ja, ich habe immer noch ungelesene Boynes im Regal: aber die Lesung und das moderierte Gespräch waren so interessant und John Boyne so sympathisch, dass ich Barnaby Brocket direkt vor Ort kaufen musste :D Die Lesung fand übrigens im English Theatre Frankfurt statt, das eine sehr gemütliche Atmosphäre ähnlich einer Kellerbar ausstrahlte. Bisher habe ich mit Veranstaltungen, die über das Literaturhaus Frankfurt organisiert waren nur die besten Erfahrungen gemacht und ich freue mich schon auf die nächste Veranstaltung, die ich dort oder in einem externen Veranstaltungsort besuchen werde, egal, zu welchem Autor es mich dann führen wird ;)

Auf der Facebookseite von John Boyne habe ich nach der Lesung weitere Bilder von der Lesung in Frankfurt entdeckt, u.a. eins, auf dem ich gerade meine Bücher von ihm signiert bekomme.

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