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[COOL-TOUR-KATZE] Lesung aus „28 Tage lang“ in der evangelischen Kirche Gustavsburg

Redakteur: Anette Leister

Am 28. April war David Safier zu Gast in Gustavsburg und las dort in der evangelischen Kirche aus seinem neuen Buch „28 Tage lang“ und stand anschließend für eine Diskussion zur Verfügung.
Nachdem Safier mit mehreren humorvollen Werken einen großen Bekanntheitsgrad erlangt hat, geht sein neues Buch in eine ganz andere Richtung: es ist ein historisches belegtes Werk mit fiktionalen Hauptfiguren, dass in den 40er Jahren im Warschauer Ghetto spielt.

Was für ein Mensch willst du sein?

Mira bringt sich und ihre kleine Schwester Hannah durch den harten Warschauer Ghettoalltag, indem sie unter Einsatz ihres Lebens Essen schmuggelt. Doch jetzt soll die gesamte Ghettobevölkerung umgebracht werden. Mira schließt sich dem Widerstand an. Der kann der übermächtigen SS länger trotzen als vermutet. Viel länger. Ganze 28 Tage lang.

28 Tage, in denen Mira sich entscheiden muss, wem ihr Herz gehört: Amos, der noch möglichst viele Nazis mit in den Tod nehmen will, oder Daniel, der sich um die Waisen in den Bunkern kümmert.

28 Tage, in denen Mira Momente von großer Menschlichkeit erlebt, von großem Verrat, großem Leid und großem Glück.

28 Tage, um ein ganzes Leben zu leben.

28 Tage, um die wahre Liebe zu finden.

28 Tage, um eine Legende zu werden.

Wie direkt auf dem Werbeträger für die Veranstaltung zu sehen war, sowie auf dem Verkaufstisch der veranstaltenden Buchhandlung der Villa Herrmann, ist „“8 Tage lang“ in zwei Ausgaben erschienen. Die weiße Ausgabe ist die normale Ausgabe, die in der Belletristikabteilung zu finden ist, die schwarze Ausgabe unterscheidet sich vom Inhalt nur durch einen zusätzlichen Anhang. Warum zwei Ausgaben, wenn die Erwachsenen vor Ort auf Nachfrage doch zur Jugendausgabe mit Anhang gegriffen haben? Die Erklärung ist ganz einleuchtend: in einer kleinen Buchhandlung wie der Villa Herrmann stehen die verschiedenen Genres wie Belletristik oder Jugendbuch fast Seite an Seite, in Buchhandlungsketten, gerade in Städten, ziehen sich die Verkaufsräume über mehrere Etagen und somit stehen die einzelnen Genres räumlich weit auseinander. Stürmt nun ein Jugendlicher direkt in die Kinder- und Jugendbuchabteilung, bekommt er Safiers Werk also gar nicht zu Gesicht, da Safier aber auf jeden Fall auch die Jugendlichen mit seinem neuen Buch erreichen will, kam es zu den zwei farblich unterschiedlichen Auflagen.

Drei Lesungsparts trug Safier aus seinem Buch vor:
In der ersten Szene lernten wir Mira kennen und einen zunächst unbekannten Retter, der sich später als Amos entpuppt und eine tragende Rolle spielt.
In der zweiten Szene ist der verrückte Rubinstein die Schlüsselrolle, für den immer „Alle gleich. Alle gleich.“ sind. Nach seinem Verhalten und Gespräch mit Mira fragt sich der Leser aber doch, ob Rubinstein wirklich verrückt oder nicht einer der wenigen Vernünftigen in dieser kranken Zeit ist.
Die dritte Szene ging emotional am nächsten. Sie spielt im Waisenhaus von Janusz Korczak (1878-1942, studierte Medizin und war als Kinderarzt und pädagogischer Schriftsteller tätig. 1942 kam er zusammen mit den Kindern aus dem Warschauer Waisenhaus, dessen Leiter er gewesen war, im Konzentrationslager Treblinka um. Posthum erhielt er 1972 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels) der mit den Kindern ein Theaterstück aufführt, das ihnen den Tod näherbringen soll. In dieser Szene kommt es unter anderen zu einem Verrat von Mira an ihrem Freund Daniel, dem sie dadurch das Leben retten will und dem historisch belegten Auszug der über 200 Waisen.

Danach stand der dem Publikum auf eigenen Wunsch ausführlich Rede und Antwort, egal ob zu Fragen zu seinem aktuellen Buch oder anderen Dingen.
anbei ein kurzer Auszug, der leider nicht auch nur annähernd wiedergeben kann, wie berührt einige Zuhörer noch von der Lesung waren, und auch nicht, wie uns David Safier mit seinen Erzählungen zum einen beeindruckte, zum anderen aber auch wieder zum Lachen brachte.

Wie kamen Sie auf die Idee über Ameisen und Kühe zu schreiben?
Die Idee zu „Mieses Karma“ entstand daraus, dass meine Frau an Reinkarnation glaubt. Mit dem Kühen war die Sache so, dass ich eine Fabel schrieben wollte, weil ich Fabeln schon immer toll fand, aber mit Tieren, die nicht so oft in Filmen oder Fabeln vorkommen.

Sie haben bis jetzt lustige Dinge geschrieben, was hat sie dazu gebracht ein Buch über dieses ernste Thema zu schreiben?
Seit 1993 trug ich die Idee im Kopf herum, zu dieser Zeit arbeitete ich als Journalist bei Radio Bremen , zum 50. Jahrestag des Ghettoaufstandes sollte ein junger Journalist eine Rede halten und dieser Journalist war ich. Dafür beschäftigte ich mich mit der Geschichte des Warschauer Ghettos und wollte gerne mehr daraus machen. Als Film mit jüdischen Helden [er arbeitete auch als Drehbuchautor zu der Zeit] hätte die Geschichte vielleicht nicht funktioniert, später schrieb ich dann Bücher. Doch zunächst startete ich mit einem lustigen Buch in meine Autorenkarriere, und es hätte womöglich nicht funktioniert dem Publikum direkt mit dem zweiten Werk ein völlig anderes Thema zu präsentieren. Nach fünf humorvollen Romanen hat er sich etabliert, und wenn er jetzt etwas anderes schreibt, heißt es „guckt mal, der Safier kann auch andere Sachen schreiben“ und seine Fangemeinde bleibt ihm trotzdem oder deswegen treu.


Wie weit spielt die Familie für ihre Bücher eine Rolle?
Mein Vater war Jahrgang 1915, und hatte das Glück nach Palästina auswandern zu können. 1951 sagte er, er will kein Krieger sein, er will zur See fahren und so hat er Anfang der 60er Jahre seine spätere Frau in Bremen kennengelernt und mit ihr drei Kinder bekommen.
Mein Großvater ist in Buchenwald, meine Großmutter in Lodz gestorben, ich kannte die beiden natürlich nicht und ich hatte keine Verwandten, die im Warschauer Ghetto waren.
Ich habe zwei Söhne, 14 und 18 Jahre alt. Wie man das bei Jungs kennt, sind sie eher Lesemuffel. Nachdem mein älterer Sohn aber so oft nach dem Buch gefragt wurde, hat er es gelesen und empfiehlt es mittlerweile jedem weiter. Mein jüngerer Sohn hört Hörbücher abends zum Einschlafen und hört sich „28 Tage lang“ gerade an, da er dabei aber immer einschläft, ist er noch nicht weit damit gekommen.

Sind sie ein gläubiger Mensch?
„Mieses Karma“ und „Jesus liebt mich“ sind lustige Bücher, aber es geht auch um Leben und Tod und Religion. Meine Schwester ist an Krebs gestorben, meine Eltern sind gestorben, bewusst oder unterbewusst spielt die Religion in schwierigen Zeiten immer eine Rolle. Man spürt, das da zum Menschsein irgendetwas dazu gehört, das es etwas anderes gibt. Wenn mich jemand fragt „Glaubst du an Gott“ dann antworte ich „je nach Tagesform“. Wichtiger ist die Frage, wie wollen wir zusammenleben, da ist es egal, ob ich an Reinkarnation oder etwas anderes glaube.

Das Buch hat mir mehr Kraft gegeben beim Schreiben als es mir genommen hat. In dieser Zeit fand ich nichts so spannend, als das Buch das ich selber schreibe.

Was für ein Mensch willst du sein? – Einer der überlebt. – Aber darf dir das reichen?

Eigentlich hatte ich den Beitrag erst in ein paar Tagen eingeplant, da ich jedoch heute morgen daran erinnert wurde, dass heute der 93. Geburtstag von Sophie Scholl gewesen wäre, schien mir dieses Datum einfach passend, um allen Widerständskämpfern egal welcher Kriege zu gedenken und den Autoren zu danken, die uns ímmer wieder daran erinnern, dass solche Geschehen nie in Vergessenheit geraten dürfen.
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