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[INTERVIEW] Interview mit Andreas Collin

Redakteur: Anette Leister

Auf der letztjährigen Frankfurter Buchmesse bin ich auf ein Debüt im Kinderbuchbereich gestoßen, das mich sehr neugierig gemacht hat, weswegen ich gerne die Gelegenheit ergriffen habe, dem Autor Andreas Collin ein paar Fragen dazu zu stellen.
„Der Fluch des Bonawentura“ erscheint am 25.01.2015 im Magellan Verlag:

Seit er denken kann, lebt Artur bei seinem fiesen Onkel Gisbert. Schön ist es da nicht gerade. Als Artur eines Tages belauscht, dass Onkel Gisbert plant, ihn auf Nimmerwiedersehen nach Feuerland zu schicken, beschließt er, ihm zuvorzukommen, und haut ab! Arturs Ziel: die Südsee.
Ganz so einfach ist es natürlich nicht, dieses Ziel zu erreichen, und Artur landet auch erst einmal in Polen statt in der Südsee, aber zum Glück schließen sich ihm unterwegs Oswald und Kamila an – ebenfalls von zu Hause ausgebüxt.
Auf ihrer Reise begegnen sie nicht nur gefährlichen Schmugglerbanden und finden sagenumwobene Tunnel, sondern sind plötzlich auch in die Suche nach dem legendären Schatz des Bonawentura – des gewieftesten Räuberhauptmanns Polens! – verwickelt. Dumm nur, dass sie nicht die Einzigen sind, die dem Schatz auf der Spur sind. Und noch dümmer, dass auf dem Schatz ein tödlicher Fluch lasten soll…

Lieber Herr Collin,

vielen Dank, dass ich Ihnen einige Fragen zu Ihrer Arbeit und Ihrem Kinderbuchdebüt stellen darf.
Was macht ein gutes Buch für Sie aus?
Zuerst einmal der Ton. Denn der Ton entscheidet, ob eine Geschichte wahr ist oder nicht. Ich glaube übrigens, das trifft auf alles zu, was erzählenswert ist. Auf einen Witz genauso wie auf Bilder oder Musik, denn letztendlich geht es auch hierbei um nichts anderes als um Geschichten.
Außerdem natürlich die Geschichte selbst. Eine gute Geschichte provoziert eine Katharsis, also dieses Gefühl, dass da ein Knoten platzt und man sich anschließend seltsam leer aber auch befreit fühlt.
Welche Bücher lesen Sie selbst am liebsten? Lesen Sie als Erwachsener auch noch Kinder- und Jugendbücher? Welche Bücher haben Ihre Kindheit geprägt?
Dicke Bücher! Am liebsten klassisch gebunden und mit einem Lesefaden.
Diese Trennung zwischen Kinder- und Erwachsenenbücher habe ich nie wirklich verstanden. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob es einen wirklich so großen Unterschied zwischen mir heute und vor 30 Jahren gibt. Als Kind habe ich sowohl Kinderbücher als auch Bücher für Erwachsene gelesen und daran hat sich bis heute nicht viel geändert.
Neben den üblichen Verdächtigen wie Robert L. Stevenson, Jules Verne, Herman Melville, Erich Kästner usw. hat mich wohl besonders eine Geschichte geprägt: „Die Grashüpferinsel“ von Joe Whitby. Aber auch all die wunderbaren Geschichten von Wolfdietrich Schnurre und Leon Garfield sowie von Ota Hofman und Miloš Macourek bedeuten mir sehr viel.
Gibt es (Kinderbuch-)Autoren, die zu Ihren Vorbildern zählen oder die Sie zu Ihrer Arbeit inspiriert haben?
Nein, Autoren nicht wirklich. Es sind die Geschichten, die mich inspiriert haben. Die bereits erwähnte Grashüpferinsel gehört sicherlich dazu, aber etwa auch die wunderbare Geschichte um Adam Bernau und „Die Besucher“ von Hofman.
Laut der Buchvorstellung in der Verlagsvorschau beinhaltet ihr Buch zahlreiche Anspielungen auf Kinderbuchklassiker.
Bis jetzt kenne ich nur die Leseprobe ihres Buches und vom Lesegefühl und den Namen der Protagonisten und Orte fühle ich mich sehr an Kinderbuchklassiker erinnert, ohne diese genau benennen zu können oder zu wollen.
Sind die Anspielungen absichtlich so vage gehalten oder werden die Anspielungen im Laufe der Handlung konkreter? Oder wollten Sie vielmehr nur dieses ganz bestimmte Lesegefühl vermitteln, welches bei mir auf den ersten Seiten anhand der gewählten Namen aufkommt?
Es freut mich, dass Sie dieses Gefühl beim Lesen hatten. „Der Fluch des Bonawentura“ ist zunächst einmal eine ganz eigene Abenteuergeschichte über die Suche nach einem Schatz. Gleichzeitig ist es jedoch auch eine Geschichte darüber, woher Geschichten eigentlich kommen – nämlich aus anderen Geschichten, um die Antwort gleich vorwegzunehmen. Ich bin mir sicher, dass Geschichten aus Geschichten entstehen und sich nicht aus dem Genius eines vergeistigten Schriftstellers ergießen. Deshalb findet man Geschichten übrigens auch an jeder Straßenecke, in jedem Tagebuch, auf jedem Schulhof und in jedem Treppenhaus. Die Aufgabe eines Schriftstellers ist es, diese Geschichten aufzuschreiben und dafür den richtigen Ton zu finden.
Ob man nun all die Anspielungen – die es in dem Buch tatsächlich gibt – entdeckt oder nicht, ist wahrscheinlich gar nicht so wichtig. Dass der Leser und die Leserin sich aber in den Sog dieses Abenteuers – dieser „bon aventurie“- wagt und am Ende sogar selbst den Schatz findet, ist mir persönlich viel lieber.
Wie ist die Idee zu „Der Fluch des Bonawentura“ entstanden und wie kam der zu der Titelwahl?
Den Titel finde ich persönlich grandios. Als mir das Buch auf der Frankfurter Buchmesse 2015 vorgestellt wurde, hat es bereits allein der Titel geschafft mein Interesse an der Geschichte zu wecken.
Ja, ein wirklich schöner Name für diese Geschichte. Die Idee zu dem Titel stammt von einem guten Freund von mir, dem brasilianischen Regisseur Werner Schumann. Ich hatte das Manuskript bereits beendet und schlug mich wochenlang mit der Suche nach einem passenden Titel herum, als er mir kurz und bündig erklärte: „Das Geschichte heißt natürlich Bonawentura! Wie willst du sie denn sonst nennen?“ Einen Moment lang war ich sprachlos, doch dann fiel es mir – wie man so sagt – wie Schuppen von den Augen. Meine Lektorin vom Magellan-Verlag hatte anschließend noch einen weiteren Vorschlag und zusammen wurde dann daraus „Der Fluch des Bonawenturas“.
Wie die Idee zu der fertigen Geschichte entstand, kann ich nur schwer entwirren. Am Anfang stand aber eine Szene mit dem Lehrer Friedrich Lemke, Arturs Klassenlehrer. Jetzt findet sich ein Teil dieser Szene im dritten Kapitel wieder, doch damit hatte das Abenteuer begonnen. Bis die Geschichte aber so war, wie sie jetzt im Buch steht, musste ich viel grübeln und umschreiben – das alltägliche Geschäft eines Schriftstellers.
Polen ist ja nun kein klassischer Handlungsspielort für ein Buch, gerade im Bereich der Kinderliteratur – es sei denn, man wäre polnischer Kinderbuchautor ;) , wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Wahl?
Ach ja, Polen. Wissen Sie, die Leute fragen mich so häufig „Polen! Aber warum denn ausgerechnet Polen?“ Und ich sage dann meistens „Warum denn nicht? In Timbuktu war ich noch nicht.“
Verraten kann ich Ihnen aber, dass Polen ganz sicher einer dieser vielen wunderbar magischen Orte auf unserer Welt ist. Obwohl es so alltäglich nah ist, ist es auch gleichzeitig so fern. Ich kann mir jedenfalls beim besten Willen keinen besseren Schauplatz für das Abenteuer von Artur, Oswald und Kamila vorstellen.
Wie viel Zeit ist von der Idee bis zum gedruckten Buch vergangen?
Das hat tatsächlich einige Jahre gedauert. Nachdem das Manuskript nämlich endlich fertig war, lümmelte es zunächst eine ganze Zeit auf meinem Schreibtisch herum. Die Kategorien für Kinderbücher sind heutzutage sehr streng und ich war mir ziemlich sicher, dass „Der Fluch des Bonawentura“ in keine davon hineinpasst: in der Geschichte gibt es kein Facebook, kein Internet und keine Handys. Nirgendwo fliegen Vampire oder Zauberer herum und es gibt auch keine Geschwister, die Drogen nehmen, Skinheads oder Veganer werden. Gottseidank sahen meine Agentin und meine Verleger vom Magellan-Verlag das anders. Von da an hat es trotzdem fast noch ein Jahr gedauert, doch nach vielen Korrekturen, Umschreibungen und notwendigen Kürzungen war es dann endlich soweit.
Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Sascha Morawetz?
Das war ein Vorschlag des Magellan-Verlags, der viel Wert auf wunderschön gestaltete, gute Bücher legt und mit Sascha Morawetz einen wirklich tollen Illustrator gefunden hat.
Entsprechen seine Illustrationen den Vorstellungen, die Sie selbst zu Ihrer Geschichte hatten? Sind Sie glücklich mit der Coverwahl?
Diese finde ich übrigens sehr gelungen, wenn auch nicht so klassisch angehaucht wie den Titel.

Unbedingt! Ich war überrascht, wie leicht und natürlich Sascha Morawetz diese doch recht komplexe Geschichte in Bilder übersetzt hat. Das war gewiss keine einfache Aufgabe. Und dazu noch dieses Cover! Wirklich toll!

Was sind Ihnen die liebsten Eigenschaften an Ihren drei jungen Protagonisten Artur, Oswald und Kamila?
Zuerst einmal haben sie alle drei Humor. Das ist sehr wichtig, denn sonst kann man kein Abenteuer bestehen. Bei Oswald kommt hinzu, dass er mutig und draufgängerisch, aber auch loyal ist. Kamila ist klug und sehr verantwortungsbewusst, während Artur etwas macht, was ich nur jedem wünschen kann: er nimmt sein Schicksal selbst in die Hand.
Warum ist Ihre Wahl auf zwei Jungen und ein Mädchen als Hauptpersonen gefallen?
Ich denke, weil die Geschichte das so wollte.
Sind Kinder ein kritischeres Lesepublikum als Erwachsene? Wie wichtig sind Ihnen Rückmeldungen der Leser zu Ihrem Buch? Sind Rückmeldungen von Erwachsenen zu Kinderbüchern tatsächlich hilfreich oder geben Sie mehr auf die Meinung des tatsächlich angesprochenen Zielpublikums?
Kinder sind vielleicht direkter und Erwachsene höflicher, aber im Allgemeinen mache ich da keinen Unterschied. Ich glaube, „Der Fluch des Bonawentura“ bietet jedem etwas und natürlich ist es unglaublich spannend zu erfahren, wie die Geschichte zu einer ganz eigenen „Lesergeschichte“ wird. Denn das ist ja das Schöne an Geschichten – sie werden bei jedem Leser zu etwas ganz persönlichem, privatem, auf das man als Schriftsteller keinen Einfluss mehr hat.
Bevorzugen Sie beim Lesen und/oder Schreiben Einzelromane oder Reihen?
Das hängt von der Geschichte ab. Manche Geschichten sind zu umfangreich für ein einziges Buch (oder einen Film) und andere funktionieren auf wenigen Seiten oder mitunter nur mit wenigen Sätzen. Wichtig ist nur – sowohl beim Lesen, als auch beim Schreiben – , dass die Geschichte nichts Unnötiges enthält.
Haben Sie bereits Folgeprojekte in Planung und dürfen Sie darüber schon Näheres verraten?
Ja, ich arbeite gerade an einer neuen Geschichte, aber darüber wird noch nichts verraten :-)
Vielen Dank für das Interview :)
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1 thought on “[INTERVIEW] Interview mit Andreas Collin

  1. Hallo und guten Tag,

    erst einmal Danke für das geführte Interview und ich denke mal, wenn es wirklich ein Kinderbuch werden soll.

    Sind Facebook/Handy/Drogen für mich persönlich ein NoGo, auch wenn es in der heutigen wohl nicht mehr ohne geht.

    Siehe Aktionen von Handyfasten an Schulen.

    LG..Karin…

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