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[REZENSION] Sieben Minuten nach Mitternacht

Redakteur: Anette Leister (09.08.2011)

Titel: Sieben Minuten nach Mitternacht (OT: A Monster calls)
Autor: Patrick Ness, Siobhan Dowd
Illustrator: Jim Kay
Verlag: cbj
Reihe: -/-
empfohlenes Lesealter: ab 12 Jahren
Ausführung: Hardcover, 216 Seiten

Autor:
Patrick Ness wuchs in den Vereinigten Staaten und auf Hawaii auf. Seit Ende der 90er-Jahre lebt er in London und ist dort als
Literaturkritiker für die Tageszeitung The Guardian tätig. Für seine Kinder- und Jugendbücher wurde er mehrfach ausgezeichnet, er gewann unter anderem den renommierten Costa Children’s Book Award und war auf der Auswahlliste für die Carnegie Medal.
In »Sieben Minuten nach Mitternacht« schreibt Patrick Ness eine Idee seiner mit der Carnegie Medal und dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichneten Schriftstellerkollegin Siobhan Dowd weiter. Ihr früher, tragischer Krebstod verhinderte die Umsetzung ihrer Idee in eine eigene Geschichte.

Siobhan (sprich Schyvonne) Dowd, in London geboren, stammte aus County Waterford, Irland, und verbrachte dort einen großen Teil ihrer Kindheit. Nach der Schulzeit in London studierte sie in Oxford und begann dort als Redakteurin für PEN International und als freischaffende Autorin zu arbeiten. Bereits ihr Debutroman wurde mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, ihr drittes Jugendbuch mit der Carnegie Medal. Nach schwerer Krankheit erlag Siobhan Dowd 2007 ihrem Krebsleiden.

Illustrator:
Jim Kay studierte Illustration an der University of Westminster und arbeitete anschließend für die Archive der Tate-Britain-Gallerie in London und für die Royal Botanic Gardens in Kew. Für seine Bilder zu »Sieben Minuten nach Mitternacht« von Patrick Ness erhielt er 2012 die renommierte Kate Greenaway Medal und den Deutschen Jugendliteraturpreis. Heute lebt Jim Kay in Northamptonshire und arbeitet als freier Illustrator.

SIEBEN MINUTEN NACH MITTERNACHT

Inhalt:
Immer um sieben Minuten nach Mitternacht erhält Conor Besuch von einem Monster, das im Garten hinter Conors Haus lebt. Eine uralte Eiche, die Conor vier Geschichten erzählt. Vier Geschichten, grausam wie ein Märchen, grausam wie das Leben selbst manchmal spielt. Vier Geschichten, die Conor helfen sollen die Wahrheit zu akzeptieren: seine Mutter wird an Krebs sterben.

Eigene Meinung:
Ich glaube, noch nie hat mich ein Buch so berührt wie „Sieben Minuten nach Mitternacht“. Beim Lesen hatte ich nicht nur einen Kloß im Hals, sondern ich fühlte mich als würde mir ein zentnerschwerer Stein auf dem Brustkorb liegen, der mir die Luft zum Atmen nimmt.
Allein die Entstehungsgeschichte von „Sieben Minuten nach Mitternacht“ ist sehr traurig. Der Roman ist nach einem Exposé von Siobhan Dowd entstanden. Sie selbst konnte die Geschichte jedoch nie erzählen, da sie vor ihrer Fertigstellung 2007 ihrer schweren Krebserkrankung erlag. Nach ihrem Tod wurde die Idee an Patrick Ness herangetragen, der nach einigem Zögern ein Buch geschrieben hat, welches Siobhan Dowd mit Sicherheit gefallen hätte. Um es mit Patrick Ness‘ eigenen Worten auszudrücken: er hat den Staffelstab, den Siobhan Dowd ihm in die Hand gedrückt hat, erfolgreich über die Ziellinie getragen.
Bereits ab der ersten Seite machte sich eine Beklemmung in meiner Brust breit. Neben der sicheren Gewissheit, dass Conors Mutter sehr bald sterben wird, verströmen die Illustrationen von Jim Kay zwar einen düsteren Zauber und eine unwirkliche Schönheit, aber sie weckten bei mir auch Assoziationen zu Angst, Verfall und Vergänglichkeit.
Die Figuren sind so unglaublich intensiv und authentisch, dass mir außer dem märchenhaften Aspekt mit dem Monster in Gestalt der uralten Eibe, das Buch gar nicht wie eine erdachte Geschichte vorkam, sondern vielmehr so, als würde ich die Personen kennen und alles an ihrer Seite miterleben. Ob Siobhan Dowd wohl eigene Erlebnisse in ihrem Exposé verarbeitet hat? Neben Conor konnte ich mich auch sehr gut in den Schmerz, und überhaupt in das gesamte Verhalten, der anderen Personen hinein versetzen. Das Unverständnis gegenüber Conors Verhalten durch die Außenstehenden, seine Großmutter, die so kalt wirkt und zu der Conor kein herzliches Verhältnis hat, deren Schmerz aber noch größer als der ihres Enkels sein muss, wo sie doch ihr einziges Kind verliert. Sein Vater, der auf Wunsch seiner sterbenden Exfrau zu Besuch aus Amerika gekommen ist, wo er mit seiner zweiten Familie lebt, wirkt so seltsam fehl am Platz, als wäre er nur aus Pflichtbewusstsein anwesend und ergreift die erste Möglichkeit dem Schmerz und dem Leid seines Sohnes wieder den Rücken zu kehren. Ich möchte in der Haut von keinem von ihnen stecken! Die ganzen Schilderungen wirken so echt und wie vom Leben selbst geschrieben, dass ich beim Lesen fast körperlichen Schmerz in meinem (Mit-)Leid mit den Protagonisten empfunden habe. Ich finde keine Wörter, die annähernd das Beschreiben können, was dieses Buch bei mir an Gefühlen beim Lesen auslöst hat, lest einfach selbst!

Aufmachung des Buches:
Ich bevorzuge das Cover der Originalausgabe (die Illustration dieser Ausgabe ziert das Erwachsenencover der dt. Ausgabe in klein), denn das Motiv der Kinder- und Jugendausgabe ist mir schon zu farbig und verspielt mit den Silhouetten in der Dämmerung und wird dem Inhalt des Buches nicht annähernd gerecht. Da beide Ausgaben von der Innenausstattung gleich sind und die wunderschönen, wenn auch sehr düsternen Illustrationen Jim Kays enthalten, hätte man beim Jugendbuchcover mehr Mut beweisen sollen, die Geschichte wird ihre Leserschaft finden, unabhängig von der Verpackung.
Fazit:
„Sieben Minuten nach Mitternacht“ ist ein Buch über persönliche Verluste und den Umgang mit ihnen. Nahestehende Personen von Betroffenen lernen durch das Buch Verständnis, denn „verstehen“ kann so eine Situation nur, wenn selbst schon davon betroffen war. Betroffene finden in dem Buch vielleicht ein Ventil und lernen, dass es keinen „richtigen“ Umgang mit Trauer gibt und auch kein Richtig und Falsch, wenn es darum geht, Trauer zu zeigen und auszuleben. Und so findet man in der Geschichte trotz aller Traurigkeit auch einen gewissen Trost.

Redakteur: Yvonne Müller

Zwei große Erzähler – eine Geschichte, die den Tod in seine Schranken weist

Das Monster erscheint sieben Minuten nach Mitternacht. Aber es ist nicht das Monster, das Conor fürchtet. Was er eigentlich fürchtet, ist jener monströse Albtraum, der ihn jede Nacht quält, seit seine Mutter ihre Behandlung begann. Dieser Traum, in dessen Herzen tiefstes Dunkel herrscht und wo im Abgrund ein Albtraumwesen lauert, bis dann ein Schrei die Nacht zerreißt …

Das Monster aber, das scheinbar im Garten hinter Conors Haus lebt, verkörpert etwas völlig anderes. Es ist uralt, wild und weise – es ist das Leben selbst. Und es ist gekommen, um Conor zu helfen. Doch auf welchen Weg Conor sich mit seinem gigantischen Freund begeben wird, ahnt er nicht. Er wird ihn hinab in die tiefsten Tiefen seiner Seele führen, er wird ihn in seinen Albtraum
begleiten und dann wird er ihm das Gefährlichste überhaupt abverlangen: die ganze Wahrheit. Denn nur wenn Conor sich dieser stellt, wird er das wahre Wesen des Lebens erkennen …

Viel mehr muss man zum Inhalt nicht wissen, einfach los lesen. Denn „Sieben Minuten nach Mitternacht“ ist ein Buch, welches mitreißen, berührend und traurig zugleich ist. Hier wird ein Thema aufgegriffen, welches Einen immer im Leben begleitet. Es geht um den Tod.
Und hier in diesem Buch geht um Conor, dessen Mutter schwer krank ist und bald sterben wird.
Doch wie soll ein Kind verstehen, das seine Mutter aus seinem Leben gehen wird. Wie geht man damit um. Um diesen Weg nicht allein zu gehen und um zu verstehen, wird Conor immer sieben Mitternacht von einem Monster heimgesucht. Noch ahnt Conor nicht, welche Absichten das Monster hat, doch diese uralte Wesen weist den Weg mit seinen Geschichten dahin…

Siobhan Dowd hat die Idee zum dem Buch, doch leider konnte sie ihre Arbeit nicht zum Abschluss bringen, da sie selber erkrankt ist und starb. Autor Patrick Ness hat sich der Niederschriften angenommen und es zu einem Buch umgesetzt. Herausgekommen ist eine Geschichte die tief in das Herz des Lesers geht. Seine Art zu erzählen ist für Jung und Alt verständlich. Der Schreibstil ist sehr flüssig und packend und wird von wundervollen schwarz-weißen Zeichnungen untermalt, diese tragen zu der tiefgründigen Atmosphäre des Buches bei.

So sind Conors Gedanken und sein Handeln, sehr realistisch dargestellt und geben einen Einblick in sein Innerstes. Seine Gefühle und seine Ängste sind sehr menschlich wieder gegeben, sie zeigen aber auch, wie stark schon ein junger Mensch sein kann, um mit so einem Thema umzugehen. So ist das baumartige Monster ein Begleiter für Conor geworden, der mit seinen Geschichten dazu beträgt, das Conor lernt mit dem Schicksal seiner Mutter umzugehen und damit beginnt sich mit dem traurigen Thema auseinander zusetzen.

Fazit: „Sieben Minuten nach Mitternacht“ ist ein wunderbares Buch, welches tief berührt, aber auch hilft mit dem Verlust eines Menschen ein wenig besser umgehen zu können. Meine Hochachtung vor den Autoren und diesem beeindruckenden Werk!

MUSS ICH HABEN!



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15 thoughts on “[REZENSION] Sieben Minuten nach Mitternacht

  1. Hey wunderschöne Rezi, ich glaube dieses Buch wäre auch etwas für mich :)
    gleich mal auf den wunschzettel packen,

    vlg und ich freue mich auf morgen,
    misa

  2. An der Rezension habe ich über eine Woche gesessen, bei dem Buch wusste ich so gar nicht, was ich schreiben soll :/
    Ich freue mich auch auf Morgen! :)

  3. Da haben wir unsere Kritik ja fast gleichzeitig online gestellt ;)
    Ich fand das Buch genauso toll wie du und es wird mich – glaube ich – noch lange beschäftigen.
    Schön geschriebene Rezension!

    Lieben Gruß
    Sandra

  4. Ich hatte vorhin auch etwas gestutzt, als ich nach dem Veröffentlichen meines Posts deine Rezension ganz oben in meinem Blogroll entdeckt habe. Es gibt schon sonderbare Zufälle… Dieses Buch hat sich auf jeden Fall in mein Gedächtnis eingebrannt und ich werde es sicherlich eines Tages noch einmal lesen.
    Deine Rezension gefällt mir auch sehr gut!
    Liebe Grüße Anette

  5. Dieses Buch steht auch auf meinem Wunschzettel. Eine schöne Rezi, die dazu führt, dass ich es jetzt noch mehr haben will als vorher schon.. :)
    Liebe Grüße, Jana

  6. Bücher, die einen sosehr bewegen, da fällt es wirklich schwer, eine Rezi zu schreiben. Ich habe dann immer das Gefühl, dass ich gar nicht wiedergeben kann, was mir dieses Buch bedeutet …

    aber es kommt sehr viel an, die Rezi macht wirklich Lust auf das Buch, wenn auch in dem Wissen, dass es schwer sein wird, das zu verkraften …

  7. Hi! Ich lese es auch gerade und bin schwer begeistert, obwohl es eigentlich ganz ruhig dahin plätschert. Und die Bilder, toll!

    Liebe Grüße
    Charlene

  8. Ich habe das Buch auch gelesen und werde es sicherlich nicht rezensieren. Das ging mir einfach zu nah und ich habe Rotz und Wasser geheult. Deshalb könnte ich auch nicht so eine schöne, aber neutrale Rezension schreiben :-)

    LG
    Marie

  9. @Marie Mir haben die Tränen schon in den Augen gestanden als ich die Entstehungsgeschichte dieses Buches gelesen habe. Hätte ich das Buch nicht über Amazon Vine zum Rezensieren bekommen, wäre es wohl seit langer Zeit wieder ein Buch gewesen, welches ich nicht rezensiert hätte. Auch so war es die Arbeit einer Woche, weil ich lange nicht wusste, was ich schreiben soll, und ich fühle mich immer noch irgendwie leer für die nächsten anstehenden Rezensionen. Das Buch wirkt wirklich verdammt lange nach.

    @All Lest das Buch! Und haltet viele Taschentücher parat. Ehrlich gesagt, habe ich sogar unterwegs in der Bahn geheult beim Lesen und wenn ich nicht unter Leuten gewesen wäre, hätte ich meinen Schmerz wahrscheinlich sogar rausgeschrien, aber das konnte ich meinen Mitfahrern dann doch nicht zumuten ;)

    @Charlene Wirst du das Buch auch rezensieren? Wenn nicht, interessieren mich auf jeden Fall deine Gedanken bzw. deine Gefühle während des Lesens dazu.

  10. Das Buch steht schon lange auf meinem Wunschzettel, aber eines verwirrt mich immer noch und vielleicht weißt du da mehr: der Titel wird am 29. August gleich zwei Mal erscheinen. Einmal bei cbj und einmal bei Goldmann. Worin unterscheiden sich die beiden Ausgaben? Oder liegt der Unterschied nur im Cover und die cbj-Ausgabe soll mehr die Kinder ansprechen?

  11. Soweit mir bekannt ist unterscheiden sich beide Ausgaben wirklich nur im Cover. Das Erwachsenencover entspricht von dem Motiv dem Original (nur in kleiner) und ist so düster wie die Innenillustrationen, von daher erschließt sich mir nicht völlig, warum 2 verschiedene Cover gewählt wurden, wahrscheinlich um sowohl auf dem Jugendbuch- als auch dem Belletristikbuchmarkt mehr Käufer anzusprechen? Geeignet ist die Thematik auf jeden Fall für alle Leser unabhängig vom Alter.
    Wenn du das Buch leihen willst, weißt du ja, wo du es findest ;D

  12. Wir müssen eh noch was ausmachen, hier liegen ja noch drei Schätzchen für dich. Dieses Wochenende sind wir meine kleine Nichte gucken, aber vielleicht geht danach ja was.
    Und wie ich oben lese, machst du hier ein kleines Päuschen. Also, dann wünsche ich: atme tief durch, lass die Seele baumeln, schüttele die Gedanken ab und erhol dich! *umärmel*

  13. Danke :) Wobei es für mich eine meiner Rezis ist, mit der ich eigentlich eher unzufrieden bin, weil mich das Buch so beeindruckt hat, dass ich gar keine Worte gefunden habe, die in meinen Augen dem Buch auch nur annähernd gerecht geworden sind.

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