Redakteur: Anette Leister
Anlässlich der Buchpremiere von „P.F.O.T.E. – Ein (fast) perfekter Hund“ durfte ich Bettina Obrecht einige Fragen zu ihrer Arbeit und dem frisch erschienenen Hundebuch stellen, welches von Barbara Scholz illustriert wurde.
Im Anschluss an das Interview fand in den Räumlichkeiten des Tierheims Frankfurt die Lesung vor einigen Vertretern der Presse und einer großen Kindergruppe statt. Als Verpflegung gab es passend zu Thema und Veranstaltungsort Süßigkeiten in Tierform.
Anette: Für mich war P.F.O.T.E. das erste Buch, welches ich von Ihnen gelesen habe. Ich habe ein wenig gestöbert, welche Bücher Sie bisher geschrieben haben, und habe entdeckt, dass es darunter mehrere Bücher über Tiere gibt, zum Beispiel die Waschbärensippe. Wie wichtig sind Ihnen Tiere?
Bettina Obrecht: Sehr wichtig, ich finde, wenn man etwas mit Kinderliteratur macht, gehören Tiere unbedingt dazu, sie gehören zum Leben dazu und Kinder haben einen besonderen Bezug zu Tieren. Ich auch, man hat ja meistens etwas in Büchern drin, zu dem man einen großen Bezug hat.
A: Dann gehe ich davon aus, dass Sie selbst viele Tiere haben?
BO: Gar nicht so viele, nur zwei Katzen.
A: Warum dann ein Buch über einen Hund?
BO: Eigentlich müsste die Frage lauten: Warum hat es solange gedauert, bis das Buch mit dem Hund kam? Als ich klein war, war ich ein totaler Hundefan, deswegen habe ich auch heute ein Buch dabei, es war mein zweites Buch: Anna wünscht sich einen Hund. Ich wollte unbedingt einen Hund haben, ich konnte mir nicht vorstellen ohne Hund zu leben und meine Eltern haben das nicht verstanden. In dem Buch ist das genauso, Anna bekommt am Schluss dann ein Fahrrad. Ich hatte das Thema also immer im Hinterkopf. Ein weiterer Auslöser war, dass ich die letzten Jahre häufig in Sizilien war und da gibt es viele Straßenhunde, das sind alles richtige Charaktere, bei denen man sich gut vorstellen kann, was die den ganzen Tag so erleben. Die Idee war eigentlich über so einen Straßenhund zu schreiben und aus irgendeinem Grund hat sich das mit der Illustratorin zusammen in eine andere Richtung entwickelt, so dass nun P.F.O.T.E. dabei heraus gekommen ist.
A: Mit Barbara Scholz haben Sie ja bereits bei „Die Waschbärensippe“ zusammen gearbeitet, besteht schon eine längere Beziehung zwischen ihnen beiden und wie kam es damals zur ersten Zusammenarbeit?
BO: Zum ersten Kontakt kam es damals über den Oetinger Verlag, dort haben wir gemeinsam eine Erstlesereihe gemacht. Man merkt es sofort, wenn Illustrationen perfekt zum Text passen. Deswegen ist es mittlerweile so, dass sie als erstes gefragt wird, wenn es ein neues Buch von mir gibt, das illustriert werden soll.
Bei P.F.O.T.E. war es so, dass wir schon länger ausgemacht hatten, dass wir dieses Buch zusammen machen. Sie ist ebenfalls ein großer Hundefan, hat nun aber auch Katzen, weil diese ihr zugelaufen sind.
A: Für welche Altersgruppe schreiben Sie am liebsten?
BO: Ich kann gar nicht sagen, dass ich lieber Kinder- oder Jugendbücher schreibe, das sind völlig verschiedene Perspektiven. Das Schöne an Kinderbüchern ist es, diese verschiedenen Perspektiven einzunehmen, als erlebe man alles zum ersten Mal, Kinder bleiben immer Kinder, nur die Ausstaffierung drumherum ändert sich ein bisschen, aber in ihrem Denken und Empfinden und Interesse sind sie immer ähnlich, bei den Jugendlichen ändern sich diese Mediengeschichten ständig. In den drei Monaten, bis ein Buch gedruckt ist, ist alles, was man an Technik darin hat schon wieder veraltet, aber man kann auch nicht darauf verzichten, weil das auch nicht die Lebensrealität von Jugendlichen wäre. Ich schreibe im Jugendbuch dann über Themen, mit denen ich persönlich zu tun habe. Bei cbj ist das zum Beispiel ein Mobbingbuch (Anmerkung der Redaktion: Opferland), weil ich da selbst viel erlebt habe, da kann ich dann ganz nah darüber schreiben. Ansonsten finde ich alles toll, sowohl für kleine als auch für ältere zu schreiben, einfach weil der Blick auf die Welt so ein interessanter ist.
A: Kommt von den jungen Lesern direktes Feedback bei Ihnen an? Buchblogs sind zwar immer mehr im Kommen, aber es gibt sicher kaum 8- oder 10-jährige, die Feedback in schriftlicher Form festhalten.
BO: Das Feedback kommt über Lesungen, da habe ich ja sehr viele, hinterher kommen auch Umschläge voller Briefe und Bilder, ansonsten gibt es Blogs von älteren, die aber auch Kinderbücher besprechen. Und „Opferland“ ist in recht vielen Blogs vertreten, da es ja ein Jugendbuch ist.
A: Was die Stimmen in Blogs angeht, ist man mit Jugendbüchern wohl sehr viel häufiger vertreten als im Kinderbuchbereich.
BO: Ja, auch bei Facebook kommen nicht so viel Rückmeldungen zu Kinderbüchern. Was aber auch in Ordnung ist, ich bin auch kein Fan davon, dass die Kindern jetzt schon alles am Rechner machen. Als ich in dem Alter war, gab es das noch gar nicht, und es hat auch immer alles funktioniert.
A: Bleibt P.F.O.T.E. ein Einzelband oder sind weitere Abenteuer mit ihm geplant?
BO: Das ist noch nicht ganz raus, mir schweben da weitere Abenteuer vor, aber der Knackpunkt ist, dass die Illustratorin so ausgebucht ist und sie hätte frühestens im Herbst 2018 wieder Zeit. Für einen Folgeband wäre das eine sehr lange Zeitspanne. Heute (Anmerkung der Redaktion: 06. März) ist ja erst der Verlaufsstart und man muss dann auch abwarten, wie die Rückmeldungen und die Verkaufszahlen sind.
A: Haben Sie bestimmte Lieblingsautoren im Kinder- und Jugendbuchbereich?
BO: Ich lese gar nicht so viele Kinder- und Jugendbücher, aber ich lerne natürlich viele Autoren aus dem Bereich kennen und lese dann auch mal etwas von denen. Ich freue mich, wenn ich Autoren kennenlerne, die auch einen literarischen Anspruch ans Kinderbuch haben, nicht nur die schnelle Wegwerfgeschichte, alle mal lachen und es ist nichts darunter. Das hat natürlich seine Berechtigung und es gibt viele Leser dafür, aber ich lese lieber fundiertere Sachen und da gibt es auch einige Autoren, zum Beispiel Nikola Huppertz, mit der bin ich auch befreundet. Es verbindet ja auch, wenn man eine ähnliche Masche beim Schreiben hat.
A: P.F.O.T.E. geht ja auch in die Tiefe, dass das Schöne eigentlich im Unperfekten liegt. Was ist für Sie das Besondere am Unperfektsein?
BO: Das Einzigartigsein, sobald alles perfekt wäre, wäre alles untereinander austauschbar. Jeder Mensch hat seine Stärken und Schwächen, wie sich die Persönlichkeit am Nichtperfektsein entwickelt und verändert. Das macht auch die Geschichten aus, sonst wäre alles sterbenslangweilig. Und wer soll überhaupt bestimmen, was perfekt ist? Jeder hat ja eine andere Vorstellung davon. Garantiert, wenn wir später fragen, was der perfekte Hund wäre, dann bekommen wir so viele Antworten, wie Kinder da sind. Das ist die Vielfalt, ich habe es ja immer mit der Vielfalt, je mehr Vielfalt es gibt, je mehr unterschiedliche Dinge man entdecken kann, man lernt ja auch an Hand der Unterschiede und den eigenen Dingen.
A: Es wäre ja auch ein Tod der Weiterentwicklung, wenn es keine Vielfalt mehr gäbe.
BO: Absolut. Und das wäre auch nicht mehr perfekt.
A: P.F.O.T.E. darf ein Mal am Tag bellen. Wenn Sie nur ein Mal am Tag bellen dürften, für was würden Sie den Beller investieren?
BO: Ein böses oder ein Freudengebell?
A: Das dürfen Sie sich aussuchen.
BO: Gute Frage… Eigentlich, wenn mein Sohn nach Hause kommt. Weil ich als Kind immer gesagt habe, an einem Hund fände ich es besonders toll, wenn einer da sein, der sich ganz besonders freut, wenn ich von der Schule nach Hause komme.
A: An welchen Projekten arbeiten Sie aktuell, ist auch wieder etwas im Jugendbuchbereich angedacht?
BO: Bei cbj erscheint im Sommer ein Jugendbuch mit dem Titel „Eintagsküken“, eine Aussteigergeschichte über ein junges Mädchen, dass die ganzen Ansprüche mit Karriere und den ganzen Leistungsansprüchen nicht mehr mitmacht, die versucht ihren eigenen Weg zu finden, die macht Youtube Videos und verliert dabei etwas den Kontakt zu den Gleichaltrigen. Ein Buch über jemanden, der nicht so diesen Mainstream mitmacht und auch nicht perfekt ist.