Redakteur: Anette Leister
Autor und Illustrator: Sebastian Meschenmoser
Verlag: Thienemann
Reihe: -/-
empfohlenes Lesealter: ab 4 Jahren
Ausführung: Hardcover, 64 Seiten
Sebastian Meschenmoser wurde 1980 in Frankfurt am Main geboren und studierte bildende Kunst in Mainz. 2005 legte er mit „Fliegen lernen“ sein vielbeachtetes Bilderbuchdebüt vor. Seitdem entstanden zahlreiche weitere erfolgreiche Bidlerbücher, mehrere davon wurden für den Jugendliteraturpreis nominiert. Sebastian Meschenmoser lebt und arbeitet in Berlin.
GORDON UND TAPIR
Gordon und Tapir teilen sich eine Wohnung. Doch auch, wenn die beiden gute Freunde sind, gestaltet sich das Zusammenleben schwierig.
Wo Pinguin Gordon ordentlich und minimalistisch ist, verbreitet Tapir nur Chaos und Unordnung. Ständig ist das Klopapier leer, das Bad wird von Tapirs Freundin blockiert, der Boden ist verklebt von Obstsaft und auch Tapirs Liebe zu Tieren und Pflanzen teilt Gordon nicht.
Doch auch das Zusammenleben mit Gordon ist nicht immer einfach. In der Küche stinkt es nach den Fischabfällen seiner Mahlzeiten und wenn er sich mit anderen Pinguinen trifft, lässt er Tapir außen vor.
Eines Tages eskaliert die Situation und Gordon fasst einen folgenschweren Entschluss…
„Gordon und Tapir“ ist eine besondere Freundschaftsgeschichte, die aufzeigt, dass es unmöglich ist, sein Leben miteinander zu teilen, wenn man keine Rücksicht aufeinander nimmt oder Kompromisse schließen kann. Umgekehrt soll sich aber auch niemand selbst verleugnen.
Um eine Freundschaft aufrecht zu erhalten und gleichzeitig sich selbst treu zu bleiben, sind Freiräume wichtig. Gordon zieht in dieser Geschichte vielleicht einen auf den ersten Blick extremen Entschluss, aber am Ende wird deutlich, dass dies passieren musste, damit sowohl Gordon als auch Tapir glücklich werden und trotz aller Unterschiede befreundet bleiben können.
Auch wenn die Geschichte von Gordon und Tapir schon Kindern aufzeigen kann, dass jeder nach seiner Fasson selig werden muss, so ist das Buch in meinen Augen noch weitaus mehr für Erwachsene geeignet. Ich denke, die Geschichte kann so einigen die Augen öffnen – als Erwachsener ist man doch häufig festgefahrener in seinen Ansichten als im Kindesalter und es liegt wohl den meisten im Blut, dass man sich und seinen Geschmack in einer gemeinsamen Wohnung durchsetzen möchte. Kompromisse finden und einen gemeinsamen Nenner finden, wird mit zunehmendem Alter eher schwerer als leichter.
Die Gestaltung der Geschichte ist sehr interessant: sie gliedert sich in drei Teile, wobei der Mittelteil zwischen Streit und wieder aufeinander zugehen klar abgegrenzt ist durch verschiedene stilistische Mittel. Wo die anderen beiden Teile farbig gestaltet sind, beschränkt sich Sebastian Meschenmoser hier auf schwarzweiß Illustrationen und lässt die Bilder für sich alleine stehen. Statt einen Begleittext mit auf den Weg zu geben, lässt Sebastian Meschenmoser die Zuschauer alleine mit ihren Gedanken und Ideen, was in diesem Moment wohl in den Köpfen von Gordon und Tapir vorgehen mag. Auch nutzt er hier nicht die Gänze des Blattes, sondern zwingt den Leser einen Schritt zurückzutreten, als wären wir nicht mehr Teil des Geschehens, sondern würden nur noch einen Blick durch ein Fenster auf die beiden ungleichen Freunde werfen, um Abstand zu gewinnen und damit die Chance zu erhalten, eine Lösung für das Problem zu finden.
„Gordon und Tapir“ ist eine sehr vielschichtige Geschichte, die weitaus mehr vermittelt, als es auf den ersten Blick scheint. Ich finde die Geschichte liefert viele Perspektiven und Denkanstöße und offenbart mit jedem Ansehen und Lesen neue Facetten.
Erwachsene werden die Botschaft(en) zu schätzen wissen, wohingegen Kinder nicht nur durch das Gewimmel in Tapirs Chaos fasziniert sein werden.
Es ist ein Buch, das verschiedene Generationen anzusprechen weiß. Außerdem ist es in meinen Augen ein tolles Geschenk für beste Freunde, die trotz dessen und eben aus dem Grund beste Freunde sind, weil sie ganz anders sind als wir selbst und damit unseren Horizont erweitern.
—–DIESER BEITRAG ENTHÄLT WERBUNG—–