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[INTERVIEW] Interview mit Stefan Nink

Redakteur: Anette Leister und Christiane Demuth

„Sonntags im Maskierten Wäschbar“ ist nun das dritte Abenteuer Seibenseisens aus der Feder von Stefan Nink. Anlässlich zum Lesen von Band 1 (durch mich), sowie den Lesungsbesuch zu Band 2 (durch mich) und Christianes Rezension zu Band 2 nutzen wir nur zu gerne die Gelegenheit einige Fragen an den Autor zu stellen:

Charmant, schräg, cool – der Weltenbummler Siebeneisen ist Kult!
Eine Agentur, spezialisiert auf das Auffinden unauffindbarer Gegenstände – das kann auch nur Siebeneisen und seinen Freunden einfallen! Nach einigen erfolgreich gelösten Fällen, stolpern sie im Waschsalon Zum Maskierten Waschbär in New Orleans eines Tages über die historischen Aufzeichnungen eines bayerischen Cowboys und entdecken darin einen sensationellen Hinweis: Offenbar wusste dieser Moosbichler, wo die Mumie des letzten Inkaherrschers versteckt worden war! Von Las Vegas führt die Spur durch die Canyons von Arizona bis zu den Galápagosinseln. Und während sich Siebeneisen mit Pelikanen, Echsen und vielen weiteren Hindernissen herumschlägt, haben längst auch andere von der Mumie erfahren …

Lieber Herr Nink,


anbei einige Fragen meiner Redaktionskollegin Christiane Demuth und mir (wir sind uns im letzten Jahr kurz in Osthofen auf Ihrer Lesung im Rahmen von „Rheinhessen liest“ begegnet).

Ja, ich erinnere mich!

Wie entstand die Idee, auf Grund Ihrer Notizen zu Ihren Reportagen belletristische Bücher zu veröffentlichen?

Siebeneisen hat als Figur ja schon vor den Romanen existiert; ich habe ihn immer gerufen, wenn ich bei einer Recherche keine richtige Idee hatte. So eine Geschichte – über eine Antarktisreise, in der SZ – hat damals ein Literaturagent gelesen, und der hat mich dann davon überzeugt, dass Siebeneisens Abenteuer auch ein guter Romanstoff wären. Dann erst kamen meine Notizen ins Spiel – die habe ich dann genutzt, um Personen, Orte und Momente zu beschreiben.

Haben Sie mit einem derartigen Erfolg der „Siebeneisen“-Abenteuer gerechnet als Sie die Idee dazu hatten?

Ach, ich bin ja sehr blauäugig und naiv ins Romangeschäft aufgebrochen und war natürlich überrascht, was da alles auf einen zukommt. Lesungen zum Beispiel, oder Interviews. Ich dachte immer, Autoren schreiben Bücher. Das ist aber nur ein Teil ihrer Arbeit.

Donnerstag, Freitag, Sonntag… die Woche hat noch ein paar Tage. Wird es also noch (mindestens) vier weitere Abenteuer für und mit Siebeneisen geben?

Das weiß ich nicht. Stoff ist genügend da; wir könnten uns auch die Monate noch vornehmen und die Reihe ausdehnen auf Bände wie „Im Januar im Grauen Walross.“ Aber Bücherschreiben hat ja immer auch eine betriebswirtschaftliche, unternehmerische Komponente, das vergisst man ja leicht. Anders gesagt: Ob es weiter geht mit der Reihe, hängt auch davon ab, wie viele Leute „Sonntags im Maskierten Waschbär“ kaufen.

Wie viel von Stefan Nink steckt charakterlich in der Figur Siebeneisen? Und gibt es zu manchen Ereignisse reale Begebenheiten zu erzählen?

Vor den Lesungen sage ich immer: „Ich bin nicht Siebeneisen!“. Aber natürlich gibt es in den Büchern viele Momente, die mir selbst so oder so ähnlich passiert sind. Das Oktoberfest, der Boxzirkus und die kackenden Pinguine in „Donnerstags im Fetten Hecht“, die Prinzessinnen-Audienz und die Hawaii-Wanderung in „Freitags in der Faulen Kobra“, die Canyon-Erkundigung und die Panne im Nebelwald in „Sonntags im Maskierten Waschbär“. Im neuen Buch bleibt Siebeneisen mit einem Bus in der ecuadorianischen Einöde liegen und stellt auf einmal fest, dass alle anderen Passagiere verschwunden sind. Auch der Fahrer ist weg. Das ist mir mal in Syrien passiert, kurz vor Palmyra: Panne, Reparaturversuche – und plötzlich alle weg und nur noch Wüste. Ich hab damals einen Bus angehalten, der sich als Gefangenentransport herausstellte, als ich drin war. So gibt es sehr, sehr viele Momente in den Büchern, die ich selbst erlebt habe.

Gibt es Personen in Ihrem Leben, die sie zu Wipperfürth und Schatten inspiriert haben?

Nein. Ich habe die quasi als Gegenpole zu Siebeneisen erfunden. In „Sonntags im Maskierten Waschbär“ gibt es die Konstellation ja sogar ein zweites Mal: Zach ist mit seinen beiden Mit-Gaunern Serg und Razzo ja ähnlich gestraft wie Siebeneisen mit Wipperfürth und Schatten.

Sie reisen schon aus beruflichen Gründen unheimlich viel. Gibt es ein absolutes Wunschziel, welches bisher noch nicht auf Ihrem Reiseplan stand und ein Land, in welches Sie auf keinen Fall mehr reisen wollen?

Ich würde gerne rund um den Kailash in Tibet wandern. Nach Zentralafrika muss ich nicht mehr unbedingt.

Eine gewisse humoristische Note ist Ihren Romanen wahrlich nicht abzusprechen. Doch werden durchaus auch ernsthafte Töne angeschlagen, die den Leser zum Nachdenken anregen. Haben Sie die Stimmung bewusst so eingefangen oder ergibt sich der Anteil Humor/Ernst erst während des Schreibprozesses?

Ich glaube, dieser Wechsel von besinnlich und heiter in den Büchern deckt sich ziemlich genau mit meiner Stimmung auf Reisen. Ich habe einen Hang zu Nachdenklichkeit und Melancholie, vor allem, wenn ich alleine mit dem Zelt im Rucksack in großen, weiten Landschaften unterwegs bin. Gleichzeitig aber scheine ich ein Auge für die kleinen, skurrilen Dinge des Lebens zu haben. Außerdem finde ich, dass wir Deutsche viel zu selten über uns selbst lachen.

Schreibtischtäter, Naturbursche oder Partygänger? Wo und wann kommen Ihnen die meisten Ideen? Gibt es bestimmte Rituale?

Nein, keine Rituale. Die allermeisten Ideen kommen mir vor Ort, zuhause bringe ich die nur noch in Form. Die Handlung zu „Freitags in der Faulen Kobra“ z.B. habe ich komplett auf dem Rücksitz eines Autos entworfen, das von einem beturbanten Fahrer durch Rajasthan gesteuert wurde.

Welche landestypische Spezialität sollte man Ihrer Meinung nach unbedingt probiert haben und um welche Speisen macht man am besten einen großen Bogen?

Ich bin Vegetarier, insofern kann ich das nicht wirklich beantworten. Ich bin ein großer Freund der indischen Küche und habe große Probleme mit der chinesischen, bei der sich für mich Abgründe auftun, nachdem ich im Laufe der Jahre über gefühlte 117 Märkte in der chinesischen Provinz gelaufen bin. Aber das ist ganz subjektiv.

Mit welchem Gefährt bewegen Sie sich im Urlaub (sei es privat oder beruflich) am liebsten fort? Was war das ungewöhnlichste Transportmittel, welches Sie jemals genutzt haben?

Am liebsten gehe ich zu Fuß. Doch! Wo immer es geht, gehe ich. Vor zwei Jahren hab ich ein Werbegeschenk bekommen, so einen kleinen Schrittzähler für die Hosentasche, und der hat mir letzte Woche eine Email geschickt, in der er mich zu 8.800 gelaufenen Kilometern gratuliert hat.
Beim Gehen hab ich die besten Ideen. Gehen ist toll.
Das ungewöhnlichste Verkehrsmittel? Ein alter, ausrangierter, russischer Militärhubschrauber aus dem Afghanistankrieg, dessen Pilot mich und andere aus dem Himalaya geflogen hat, nachdem Schnee und Erdrutsche dort den lokalen Pistenflughafen lahmgelegt hatten. Das Teil hatte keine Türen mehr. Und der Pilot hat vor dem Start ein großes Glas Wodka getrunken. Wegen der Kälte, nehme ich an.

Ist Ihnen irgendein Vorfall aus Ihren Reisen als besonders gefährlich in Erinnerung geblieben, bei dem Sie froh sind, lebend aus der Situation entkommen zu sein? Wie steht man so einem Erlebnis im Nachhinein gegenüber?

Da gab es einige. Ich bin im Senegal mit Waffengewalt ausgeraubt worden, hatte ein Bruchlandung mit einem Flugzeug, ziemlich einschüchternde Hai- und Grizzlybegegnungen, eine leere Sauerstoffflasche in dreißig Meter Tiefe und saß in einem Hubschrauber, in dessen Rotor ein Albatros geraten ist. Dem verheerenden Weihnachtstsunami 2004 bin ich in Sri Lanka vor der Nase weggeflogen; kurz darauf war mein Hotel nicht mehr vorhanden. Ist jedes Mal gut gegangen. Im Nachhinein weiß ich: Ich hatte jedes Mal viel, viel Glück.

Wie wichtig ist Ihnen der Kontakt zu den Lesern von Siebeneisens Abenteuern? Ist Ihnen aus der Vergangenheit irgendeine Begegnung oder Rückmeldung auf einer Lesung besonders im Gedächtnis geblieben?

Ich liebe Lesungen. Für jemanden, der schreibt, sind solche Veranstaltungen in der Regel die einzige Möglichkeit, direkte Reaktionen auf die eigene Arbeit zu erleben. Man liest eine Stelle vor, und die Leute lachen, und man weiß: Das hast du dann wohl gut gemacht. Sonst hat man das ja nicht. Mit der Zahl der Veranstaltungen verschwimmen allerdings die Erinnerungen an einzelne Momente ein wenig. Nie vergessen werde ich die Lesung, bei der ein Zuhörer partout nicht glauben wollte, dass das kleine Königreich Lo Monthang tatsächlich existiert. Das war zum Glück in einer Bibliothek, und in der Pause hat der Mann einen Atlas gefunden und nachgesehen, dann war Ruhe.

Wie wichtig ist Heimat, wenn man so viel unterwegs ist wie Sie?

Es gibt ja diesen Spruch, nach dem überall dort Heimat ist, wo man seinen Hut hinhängt. Das trifft auf mich nicht zu. Ich lebe seit Ewigkeiten in Mainz, und ich würde die Stadt sehr vermissen. Ob das wichtig ist? Weiß nicht. Es fühlt sich aber so an.

Auf unserem Blog Katze mit Buch gibt es eine (wenn auch bislang mager gefüllte) Rubrik „Zu Tisch bei…“, bei dem Rezepte aus oder inspiriert von Büchern vorgestellt werden. Was meint Siebeneisen, mit welchem Gericht er dort gerne vertreten sein würde (insofern sich die Zutaten in einem deutschen Supermarkt besorgen lassen ;) )?

Siebeneisen würde ein Chana Masala empfehlen, wie es auch im Teehaus „Zur Faulen Kobra“ gereicht wird. Ich versuche, das hier mal aus dem Kopf zusammen zu bekommen:

– in einem großen Topf Zwiebeln dünsten
– in kleine Stücke geschnittene Tomaten dazu geben plus eine Chana-Masala-Gewürzmischung (gute Supermärkte haben die, sonst im Asialaden) plus Salz
– Kichererbsen aus der Dose dazu, ein bisschen Wasser, gut umrühren, aufkochen lassen
– alles auf kleiner Flamme vor sich hin köcheln lassen, bis die Kichererbsen weich,aber nicht zu weich sind. Am besten ist es, wenn das Wasser dann so gut wie weg ist.
– einen Schuss Milch dazu geben, nochmal rühren, servieren
– schmeckt super mit Reis oder Fladenbrot!

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen und für das Rezept, welches bestimmt bald in „Zu Tisch bei…“ Einzug halten wird.

Anbei eine Impression der eingangs erwähnten Lesung in einem Osthofener Weingut anlässlich „Rheinhessen liest“ aus „Freitags in der Faulen Kobra“.

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