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[REZENSION] Die unglaubliche Geschichte von Wenzel, dem Räuber Kawinski, Strupp und dem Suseldrusel

Redakteur: Anette Leister

Titel: Die unglaubliche Geschichte von Wenzel, dem Räuber Kawinski, Strupp und dem Suseldrusel
Autor: Nikola Huppertz
Illustrator: Regina Kehn
Verlag: Mixtvision
Reihe: -/-
empfohlenes Lesealter: ab 10 Jahre
Ausführung: Hardcover, 312 Seiten

Autor:
Nikola Huppertz wurde 1976 in Mönchengladbach geboren, wo sie erste Bekanntschaft mit nur-ein-klitzekleines-bisschen-eigentümlichen Schriftstellern und ihren Fantasmen machte, während sie ihrem nur-ein-klitzekleines-bisschen-eigentümlichen Kinderkram nachging. Heute lebt sie mit Mann, Tochter und Sohn in einer großen Stadt in Norddeutschland, verbringt ihre Ferien manchmal unfreiwillig in einem winzigen Dorf in Mitteldeutschland und wundert sich immer wieder aufs Neue, wenn unter ihren Fingern ein Buch entsteht, ohne dass sie sagen könnte, wie es eigentlich geschieht.

Illustrator:
Regina Kehn studierte Illustration an der Hochschule für Gestaltung in Hamburg. Seit 1990 arbeitet sie als freie Illustratorin für Zeitschriften und Kinderbuchverlage. Für ihre Illustrationsarbeiten erhielt sie die Bronzemedaille des Art Directors Club. Regina Kehn lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in Hamburg.

DIE UNGLAUBLICHE GESCHICHTE VON WENZEL, DEM RÄUBER KAWINSKI, STRUPP UND DEM SUSELDRUSEL

Achtung, in diesem Buch geht es manchmal ziemlich verrückt zu. Das liegt nun mal in der Natur der Dinge, wenn ein Shriftteller und ein Kind unter einer Decke stecken.
Es bedeutet aber um Himmels willen nicht, dass die beiden verrückt sind, auch wenn das vielleicht gewisse Leute behaupten. Nein, sie sind höchstens ein klitzekleines bisschen – eigentümlich. Und wer kann von sich sagen, das wäre er nicht? (S.5)

Die Geschichte von Wenzel beginnt damit, dass seine Eltern einen einwöchigen Urlaub auf den Malediven gewinnen – für 2 Personen! Zwei, das sind Mama Susanne Köhnemann, Papa Lars Köhnemann und wer bis zwei rechnen kann, merkt sofort, das für Wenzel bei dem unerwarteten Urlaubstrip kein Platz ist. Seine Eltern freuen sich auf die Zeit zu zweit, schnell ist jemand gefunden, der in der Abwesenheit der Köhnemanns zum Blumengießen in die Wohnung kommt, auch für den Outdoorladen von Papa Lars wird eine Vertretung gefunden, nur auf Wenzel will niemand aufpassen, und nun?
Mehr als weniger gegen Wenzels Willen laden Susanne und Lars ihn kurz vor ihrem Abflug in Frankfurt bei Susannes schriftstellernden Bruder Nikolai ab. Wenzels Uwillen ist durchaus noch zu toppen, denn Nikolai befindet sich mitten in der Ideenphase für ein neues Kinderbuch, und bekommt auch keine Lust auf Wenzels Gesellschaft damit, dass Susanne ihm ihren Sohn als „Testleser“ anpreist.
So schnell kann man kaum die nächste Seite aufblättern, da sitzen Susanne und Lars bereits im Flieger in die Sonne, und Nikolai steht völlig überrumpelt in seinem Haus und weiß nicht, wie ihm geschehen ist.
Wenn Susanne und Lars denken, auf den Malediven warten Abenteuer, dann hätten sie mal lieber den kleinem Ort Hinkelsen den Rücken kehren sollen…
Nikolais Ideenkammer erweckt zum Leben, seine Figuren Räuber Kamininski, auf dessen Spuren Strupp, eine fußballspielende Prinzessin auf der Suche nach ihrem Ballkleid namens P. Melinda zwo, und nicht zu vergessen: der Suseldrusel, der noch viel mehr mit Nikolai gemein hat als alle seine anderen Figuren, die neugierige, alte Nachbarin Frau Fiedler und Rühls von nebenan: Wiebke und Ricarda. Ohne die beiden wäre Wenzels Woche bei Onkel Nikolai zwar auch unvergesslich geworden, aber wer weiß mit welchem Ausgang!

Nikolai Huppertz schafft es trotz der Vielzahl von Figuren, jeder ausreichend Platz und Persönlichkeit mitzugeben. Zwar hätte ich von einigen sehr gerne mehr gelesen, aber mir hat in keiner Weise etwas gefehlt beim Lesen, es hätte einfach nur mehr sein dürfen: mehr Räuber-, mehr Detektiv-, mehr Prinzessin- und mehr Quatschgeschichten!
Durch die überquellende Fantasie und die Vielfältigkeit der auftretenden Figuren ist in dieser Geschichte wirklich für jeden Leser etwas dabei: egal welchen Alters und egal welchen Geschlechts. Gerade zu Beginn habe ich mich zum Beispiel als Elternteil wiedergefunden, wie sehr man es (wenn auch mit schlechtem Gewissen genießen kann, mal eine Woche ohne Kind zu sein und alle Verantwortung in eine andere Hand abgeben zu können. Und im Haus von Nikolai fühlte ich mich wiederum wie ein Kind und konnte hautnah alle Figuren erleben, von denen ich früher – und manchmal auch heute noch – so gerne gelesen habe. Für alle diejenigen, die mit Haut und Haar Leser sind, gibt es noch die Nachbarstochter Ricarada Rühl, für die es kaum etwas schöneres als Bücher und die darin enthaltenen Geschichten gibt, und auf Wenzel trifft, der zu Beginn des Buches noch zu dem Schlag von Kind gehört, das ein Buch eher gegen den eigenen Willen aufschlägt, wenn überhaupt… So treffen zwei Welten aufeinander. Die reale Welt und die erdachte. Genauso, wie reale Figuren plötzlich auf ihre erdachten treffen, und reale Figuren, die gerne mit diesen erdachten zusammen unter einem Dach leben, auf andere reale Personen treffen, die erst lernen müssen, worin der Zauber besteht, wenn man sich nicht nur mit der Realität, sondern auch mit der Fantasie befasst. Wenn man es einfach zulässt, das es noch andere Sachen gibt, auch wenn das für die Frau Fiedlers dieser Welt sehr seltsam scheint.

Reale und fiktive Welt sind immer durch das Schriftbild getrennt. Was Nikolai, sein Neffe und deren Freunde erleben ist normal gedruckt, was sie sich gerade ausdenken und im Buch passiert, wird mit einer Schreibmaschinenschrift dargestellt.

Gegen Ende wird das Buch etwas zu unruhig, die Ereignisse überschlagen sich beinahe und so ist für mich ein Teil des fantasievollen Zaubers nicht mehr ganz so greifbar gewesen wie in den ersten beiden Dritteln und zum Glück wieder auf den letzten Seiten des Buches. Hier hätten ein paar Seiten mehr den Handlungsablauf weniger hektisch, ausgereifter und nachvollziehbarer gestaltet.
Bis auf den kleinen Kritikpunkt ist „Die unglaubliche Geschichte von Wenzel“ jedoch ein Kinderbuch voller Fantasie und verrückten Ideen, wie ich es lange nicht mehr in die Hände bekommen habe.
Zur Aufmachung möchte ich noch sagen, dass mir die Covergestaltung auf den ersten Blick für ein Kinderbuch zu eintönig erschien. Auf den zweiten Blick passt es aber hervorragend zu der Ausstattung der anderen Kinderbüchern aus dem Mixtvision Verlag „Stuart Horton“, über den zwei Bände erschienen sind, und durch die Reduzierung der Farbgestaltung kommen die dargestellten Figuren aus Wenzels Geschichte sehr gut zur Geltung.
„Die unglaubliche Geschichte von Wenzel“ ist ein Buch für alle, die gerne Räuber-, Detektiv-, Prinzessinnen- und/oder Quatsch-Geschichten lesen, oder meinen, sie wären nicht mehr in dem passenden Alter dafür, denn dank der Geschichte aus Nikola Huppertz Feder weiß man am Ende, dass man für gute Geschichten nie zu alt ist.

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