Redakteur: Susanne Kohler
Autor: Kate Harrison
Verlag: Loewe
Übersetzer: Sandra Knuffinke, Jessika Komina
Reihe: Soul Beach 1
Ausführung: Hardcover, 352 Seiten
Kate Harrison arbeitete ursprünglich beim britischen Fernsehen. Nachdem sie bereits sehr erfolgreich Romane für Erwachsene veröffentlichte, erschien nun mit „Soul Beach – Frostiges Paradies“ ihr erstes Jugendbuch. Abgesehen vom Bücherschreiben liest sie sehr gerne, liebt Backen, Singen, die Küste, Live- Comedy und Bastelkram. Wenn sie nicht gerade in Spanien am Strand liegt, lebt sie in Brighton.
SOUL BEACH – FROSTIGES PARADIES
Die erste E- Mail von meiner Schwester kommt am Morgen ihrer Beerdigung. Ich weiß, ich weiß. Wie krank muss man sein, vor einem Begräbnis seiner Schwester noch schnell seine E- Mails zu checken? Aber manchmal tut es einfach so weh, als flösse Säure statt Blut durch meine Adern, und dann gehe ich online. Im Netz ist wenigstens alles normal. Keine Leichenschauen, keine Kriminalpolizisten, keine Fernsehkameras. Nur Facebook- Updates darüber, wer was mit wem hat. Und Junkmails von afrikanischen Prinzen, die mir freundlicherweise einen Anteil ihres Vermögens anbieten. Ach ja, und E- Mails von Toten. Das ist weniger normal. (S.8)
Zuerst hält Alice die E- Mail ihrer toten Schwester für einen schlechten Scherz. Kurz darauf bekommt sie von ihr jedoch auch noch eine Einladung zu einem virtuellen Strand namens Soul Beach. Dort ist ihre Schwester Megan seit ihrer Ermordung in einem Strandparadies gefangen. Um sie herum lauter junge und schöne Menschen. Sie haben eines gemeinsam, sie sind alle bereits tot.
Um ihrer Schwester weiterhin nahe zu sein, verdrängt Alice ihre anfänglichen Zweifel und kaum hat sie sich auf die fremdartige Welt im virtuellen Raum eingelassen, da wird sie auch schon immer mehr in ihren Bann gezogen. Ein endloser Sandstrand, Palmen, immerwährender Sonnenschein und alles wirkt perfekt. Sogar ihr eigenes Äußeres scheint auf wundersame Weise optimiert worden zu sein. Am Soul Beach ist alles und jeder schön. Es ist auch keine normale Spieleplattform, wenn sie die Seite aufruft, hört sie das Meer rauschen, spürt den Sand unter ihren Füßen und nimmt das Strandparadies mit allen Sinnen wahr. Dabei entfernt sie sich selbst immer weiter von der Realität.
Wer steckt hinter dieser Website? Nach wessen strengen Regeln müssen sich alle dort richten? Vor allem, wer hat Meggie getötet und ihr dadurch dieses neuartige Dasein überhaupt eingebrockt? Alice begibt sich auf die Suche nach dem Mörder ihrer Schwester und gerät so selbst in sein Visier.
„Soul Beach I – Frostiges Paradies“ ist der Auftakt zu einer Jugendbuch – Trilogie. Der größte Teil des Buches ist aus der Sicht von Alice geschrieben, ab und zu bekommt man auch einen Einblick in die Gedankenwelt des Mörders. In Alice kann man sich als Leser schnell einfühlen, zwar erscheint ihr Verhalten manchmal etwas naiv, aber man ist selbst auch immer mehr dem Sog von Soul Beach ausgeliefert. Die Idee eines virtuellen Ortes, an dem die Toten quasi weiterleben, ist sehr interessant und die Umsetzung erscheint regelrecht mysteriös. Man darf sich von der Strandatmosphäre nicht täuschen lassen – darum wohl der Untertitel „Frostiges Paradies“. Auch immerwährendes Glück kann die Hölle sein.
Der Schreibstil ist flüssig, die Geschichte verliert nicht an Geschwindigkeit und bleibt spannend. Kaum denkt man, man wäre dem Mörder auf der Spur, lenkt die Autorin die Gedanken des Lesers wieder in eine andere Richtung. Die Charaktere werden in diesem Teil eher eingeführt, manche erscheinen noch etwas farblos. Aber sowohl die Geschichte als auch die Akteure haben Potential für zukünftige Bände.
Das Jugendbuch endet nicht mit einem Cliffhanger, aber dennoch bleiben einige Fragen unbeantwortet, die auf eine baldige Fortsetzung hoffen lassen.
Von der Aufmachung ist dieses Buch ein absoluter Eyecatcher, ohne Einband ist es durch den schwarzgefärbten Buchschnitt sehr dunkel und düster. Durch den Umschlag, bei dem die Farbe Pink dominiert, scheint das Paradies in Blut getränkt zu sein. Aber Tote bluten ja nicht mehr. Ansonsten wirkt es alt und abgegriffen, schön morbide, aber trotzdem modern.
„Soul Beach I – Frostiges Paradies“ – gruselig und hip zugleich – ein exklusives soziales Netzwerk – das süchtig macht.
Wer einmal den Strand besucht hat, der muss dort immer wieder hin…