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[REZENSION] Hughes, Gregory – Den Mond aus den Angeln heben

Gregory Hughes
Den Mond aus den Angeln heben
Verlag: Carlsen
352 Seiten, Hardcover
ISBN-10: 3551582483
ISBN-13: 978-3551582485
empfohlenes Lesealter: 12-15 Jahre

Inhalt:
Der dreizehnjährige Bob und seine zehnjährige Schwester Marie Claire, genannt Ratte, wachsen in Kanada bei ihrem alleinerziehenden Vater auf. Doch ihr Familienidyll bricht recht bald auseinander. Ratte verdirbt ihrem Bruder schon wenige Tage vor dem letzten Schultag die Ferien mit ihrer Aussage: „Ich glaube, Dad stirbt bald.“ Nun mag man das für unsinniges Gequatsche einer Zehnjährigen halten, Tatsache ist aber, dass die Ratte Sachen sagt, die wenige Zeit später tatsächlich eintreffen und so geschieht es, dass sich bald zwei Waisenkinder auf den Weg machen, um von der kanadischen Prärie nach New York zu gelangen. Dort wollen sie ihren Onkel – angeblich Drogendealer und für den Tod der Mutter der beiden Kinder verantwortlich – ausfindig machen, um dem Waisenhaus zu entgehen. So skurril, wie die Geschichte um Bob und „Ratte“ ihren Anfang nimmt, geht es auch weiter. Ohne Papiere reisen sie im Auto eines Schmugglers über die Grenze und in New York treffen sie auf Straßengangster, Obdachlose und einen berühmten Rapper. Auf die Kinder und den Leser wartet ein schräger, lustiger, außergewöhnlicher und manchmal auch trauriger Roadtrip!

Eigene Meinung:
„Den Mond aus den Angeln heben“ hat in vielerlei Hinsicht etwas von einem modernen Märchen, besonders durch Rattes Fähigkeit in die Zukunft schauen zu können, aber auch ihre erfrischende und offenherzige Art auf Fremde zuzugehen und niemanden nach dem Äußeren, sondern bloß nach den Inneren Werten zu beurteilen, hat etwas märchenhaftes an sich. Obwohl sie eine freche, lebensfrohe und recht vorlaute zehnjährige Göre ist, hat Ratte Eigenschaften an sich, dass man sie einfach ins Herz schließen muss, aber auch Bob mit seiner ruhigen Art, der in der Geschichte als Erzähler fungiert und nicht nur Rattes großer Bruder, sondern auch auf Wunsch der Eltern ihr Beschützer ist (haaa – als ob Ratte so etwas bräuchte!) gewinnt schnell die Sympathien des Lesers.
Durch das Cover und den Erzählstil des Autors dachte ich zunächst, dass Bobs und Rattes Geschichte in den 50er oder 60er-Jahren spielt, dem ist aber nicht so: Bob erzählt die Geschichte des irren Roadtrips rückblickend aus der Gegenwart im Alter von sechzehn Jahren. Das altmodische Flair von Gregory Hughes Schreibstil ist aber als großes Kompliment gemeint: er kann unheimlich nahegehend erzählen, Bilder vor den Augen des Lesers entstehen lassen und selbst Nebencharaktere mit wenigen Worten so treffend und bildhaft skizzieren, dass man seine Geschichte nicht nur liest, sondern lebt.
Nachdem ich „Den Mond aus den Angeln heben“ beendet habe, wundert es mich nicht, dass Gregory Hughes zunächst Probleme hatte es zu veröffentlichen, zu viele schwierige Themen werden angesprochen, um es zu einem „netten“ und leichten Leseerlebnis für Kinder zu machen. An Charakteren findet man hier eben nicht nur die sympathischen Kinder aus der Nachbarschaft, sondern Schmuggler, Rapper, Gangster und Pädophile. Der Trip auf den Gregory Hughes ist manchmal irre, verrückt, grausam, brutal und traurig, aber genau dieses Gesamtpaket macht seinen Debütroman zu einem meiner persönlichen Lesehighlights in diesem Jahr.
Am Ende erfährt der Leser sowohl, ob die Suche nach dem Onkel erfolgreich war als auch Näheres über eine Sache, die vor allen Dingen Ratte betrifft, und die sich während des Handlungverlaufs bereits mehrfach angedeutet hat. Ein Happy End im üblichen Sinne findet man nicht, wenn der Ich-Erzähler Bob mit dem Epilog den Kreis schließt, in dem er erzählt was aus den Beteiligten der Geschichte in den letzten drei Jahren geworden ist. Aber man behält die Hoffnung und hat durch Rattes ungewöhnlichen Umgang mit ihren Mitmenschen und dem Leben an sich gelernt das Gute in den Dingen zu sehen.

Fazit:

Ein wunderschöner Roman für Leser jeden Alters, der vor allem durch seinen intensiven Erzählstil und die vielfältigen und lebensechten Charaktere überzeugt.
Für manch einen mögen zu viele Charaktere „aus der Gosse“ dabei sein oder sich zu vieles auf wundersame Art entwickeln, aber ich fand nichts zu viel, zu extrem oder zu überzogen, da die Handlung größtenteils in New York – in einer Stadt, in der alles möglich zu sein scheint – spielt, und der Roman will auch keine alltägliche Geschichte erzählen, sondern ein ungewöhnliches und modernes Märchen.

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2 thoughts on “[REZENSION] Hughes, Gregory – Den Mond aus den Angeln heben

  1. Danke :) Das war wieder so ein Leseerlebnis, wo ich denke, ich sollte bei Fantasyromanen kürzer treten und vermehrt nach solchen zauberhaften Jugendromanen Ausschau halten. "Zoe" von Clay Carmichael kann ich übrigens auch nur empfehlen: ich konnte mich kaum entscheiden, welches von den beiden Büchern mir im September besser gefallen hat.

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