Im Rahmen der Demenz Aktionstage 2012 unter dem Titel “Kopfkarussell” wurde letzte Woche das Stück “Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor” im Gallus Theater in Frankfurt aufgeführt.
Das Stück beruht auf dem 2011 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichneten Bilderbuch von Martin Baltscheit. Wer das Buch nicht kennt, kann sich auf Vimeo das Video zum Bilderbuch ansehen, bei dem der Autor selbst den Text eingesprochen hat.
Die Interpretation des Ensembles “Follow the rabbit” fand ich sehr anspruchsvoll und vom teils sehr düsteren Tenor eher für Erwachsene geeignet, auch wenn die anwesenden Kinder in der anschließenden Fragerunde durchweg meinten, das Stück ausschließlich als witzig empfunden zu haben. Ich fand es sehr berührend, traurig, aber am Ende auch hoffnungspendend. Oder wie eine Besucherin meinte, sie hatte am Schluss einen dicken Kloß im Hals, weil sie sich für ihre Zukunft wünscht, den gleichen Halt in der Gemeinschaft zu erfahren, wie der verwirrte Fuchs.
Das Bühnenbild war teils sehr einfach, aber auch raffiniert aufgebaut, die Musik und der Gesang manchmal witzig, aber auch düster und spannend. Besonders gut hat mir bei der Kostümauswahl gefallen, dass der Fuchs nur durch einen farbigen Mantel angedeutet wurde, denn so musste wurde nicht nur die Veränderung vom schlauen in einen verwirrten Fuchs deutlich, sondern die Verbindung zu demenzkranken Menschen war einfach stärker da, als wenn auf der Bühne ein Mann in Fuchskostüm agiert hätte. Der Schauspieler hat den schleichenden Prozess dieser Krankheit überzeugend dargestellt. Zu Beginn der Geschichte hat das Vergessen und die Verwirrtheit nur so schleichend in die Darstellung Einzug gehalten, dass man erst im späteren Verlauf wirklich merkte, was mit dem Fuchs passiert. Das Spiel zwischen dem “Fuchs” und der “schwarzen Kröte” am Plattentisch hat zudem sehr deutlich gemacht, wie schwierig für die Angehörigen das Leben mit Demenzkranken sein kann, und das nicht nur Trauer, sondern auch Streit, Wut und Hilflosigkeit zeitweise das Leben der Kranken und ihrer Angehörigen beherrscht.
Insgesamt habe ich das Stück als unheimlich intensiv empfunden, zwischenzeitlich standen mir mehrfach die Tränen in den Augen. Nach diesem Theaterabend möchte ich mir auf jeden Fall noch das Bilderbuch zulegen und kann nur jedem empfehlen, der sich näher mit dem Thema Demenz auseinandersetzen will oder muss, zu diesem Buch zu greifen und die Augen offen zu halten, ob sich in seiner Gegend ebenfalls die Möglichkeit bietet einer Inszenierung von “Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor” teilzuhaben.
Im Anschluss an das Theaterstück fand noch eine Gesprächsrunde statt, an der nicht nur die Darsteller der Geschichte mitwirkten, sondern auch der Autor Martin Baltscheit, der überraschenderweise vor Ort war und Martin Berner und Erhard Thiel vom Vorstand der Alzheimer Gesellschaft Frankfurt. Das Gespräch stellte für mich eine Bereicherung des Theaterabends dar, da ich nur indirekt einmal mit Alzheimer Kontakt hatte und die Erfahrungen von Betroffenen sehr interessant und informativ fand.
Die Demenztage dauern noch bis zum 15. Oktober an. Infos zum weiteren Programm findet man auf kopfkarussell.com oder facebook.com/kopfkarussell. U.a. findet während der gesamten Tage eine Veranstaltung “Die Reise des Vergessens” satt, bei dem die Künstlerin Cornelia Rößler einen Stadtbus verfremdet hat, der die Besucher auf eine ungewöhnliche Fahrt des Vergessens mitnimmt. Der Bus fährt täglich zwischen 10-17 Uhr am Paulsplatz am Busparkplatz bei den Touristenbussen ab. Außerdem finden während allen Tagen auch diverse Ausstellungen statt. Vielleicht ist es ja für den einen oder anderen interessant, der nächste Woche anlässlich der Buchmesse in Frankfurt zu Besuch ist und verknüpft den Aufenthalt damit, auch dieser Veranstaltungsreihe die eine oder andere Stunde zu widmen.