Redakteur: Anette Leister
Autor: Chris Cleave
Übersetzer: Susanne Goga-Klinkenberg
Verlag: dtv
Reihe: -/-
Ausführung: Klappenbroschur, 400 Seiten
Chris Cleave schreibt für den englischen „Guardian“ und lebt mit seiner Familie in London. Er hat u.a. als Barmann und Hochseematrose gearbeitet, Meeresnavigation unterrichtet und eine Internetfirma aufgezogen. Bereits sein erster Roman „Lieber Osama“ wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, sein zweiter, „Little Bee“, zu einem Weltbestseller.
Inhalt:
Kate und Zoe sind Freundinnen, aber auch Konkurrentinnen, seit sie sich 1999 in der Endphase für die Bewerbungen für das englische Radsport-Nationalteam kennengelernt haben.
Nun stehen die Olympischen Spiele im eigenen Land kurz bevor, und ihre Konkurrenz gegeneinander ist noch härter als in den Jahren vorher. Zudem haben beide – neben Schatten aus der Vergangenheit – aktuelle Probleme zu bekämpfen. Kates Tochter Sophie ist schwer krank, und obwohl Zoe viel ehrgeiziger und kompromissloser als ihre Freundin ist, neidet sie deren privates Glück manchmal so sehr, dass es die Freundschaft der beiden auf eine harte Probe stellt. Im Laufe der Geschichte kommen Tatsachen ans Tageslicht, die es kaum glauben lassen, dass die Freundschaft zwischen den beiden so unterschiedlichen Frauen über die Jahre Bestand haben konnte.
Kritik:
Niemals hätte ich gedacht, dass mich ein Buch über Leistungssport derart in seinen Bann ziehen könnte. Ich bin eher wenig an Sport interessiert, zudem Bahnradfahren eine Sportart ist, der man weit weniger „über den Weg“ läuft, als es beispielsweise mit Fußball oder Tennis der Fall ist, wo man schon eher mal geplant oder auch durch Zufall reinschaltet, da es häufiger im Fernsehen ausgestrahlt wird.
Zu dem Buch habe ich dennoch gegriffen, da ich im Vorfeld viele positive Stimmen zu Chris Cleaves Roman „Little Bee“ gelesen hatte und ich habe es keine Sekunde bereut – das Gegenteil ist der Fall: ich bereue es „Little Bee“ bisher nicht gelesen zu haben und will auf jeden Fall zu weiteren Büchern dieses Autors greifen.
Chris Cleave verstrickt in „Gold“ Fäden aus dem Leben mehrerer Leistungssportler mit familiären und freundschaftlichen Dramen zu einer spannenden und mitreißenden Geschichte. In der Gegenwart erzählt er die Geschichte von Zoe und Kate wenige Monate vor den Olympischen Spielen in London, doch in Rückblenden entdecken wir immer weiter Stück für Stück Teile ihres Lebenspuzzles und dem von Kates Ehemann Jack Argall und Zoes und Kates Trainer Tom Voss, und erfahren so, wie sie zu den Menschen geworden sind, die heute vor uns stehen. Die sportlerischen sowie menschlichen Dramen, die nur nach und nach dem Auge des Lesers gelüftet werden, machten es mir beinahe unmöglich das Buch nach den ersten Kapiteln noch einmal aus der Hand zu legen.
Chris Cleave hat einen ausschmückenden und dennoch nie langatmigen
Erzählstil. Trotz der Dramatik der Story baut er auch immer mal wieder
einen auflockernden Schmunzler ein, so beispielsweise, als Zoe und Kate
ihren Trainer Tom aus einer ziemlich prekären Situation retten müssen.
Das Ende ist – gerade gegenüber den Dramen, die die Protagonisten in der Vergangenheit erleben mussten – für den Geschmack einiger Leser sicher einen Hauch zu kitschig geraten, aber da die Figuren immer noch ihr Päckchen der letzten Jahre zu tragen haben, und nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen ist, war das Ende, so wie es ist, für mich nicht zu dick aufgetragen.
Tom Voss erinnerte sich noch genau daran, wie er 1968 in Mexiko um eine Zehntelsekunde olympische Bronze verfehlt hatte. Selbst jetzt noch spürte er den reißenden, ungerächten Schmerz in der Brust. Vierundvierzig Jahre später nahm er noch immer in aller Schärfejedes Zehntel jeder Sekunde wahr. Die Einschnitte der Zeit waren wie die Zähne einer Säge, die ihn zerteilten. Andere Menschen empfanden die Zeit völlig anders. Sie nahmen die Sägezähne nur undeutlich und verschwommen wahr und wunderten sich, wenn sie eines Tages aufwachten und sich von ihnen zweigeteilt fanden wie die Assistentin eines unerfahrenen Zauberers. Tom hingegen wusste genau, wie der Schnitt erfolgte. (S.56)
Fazit:
Mir hat es auch recht gut gefallen.
GLG,
Mel
Ich habe ja eine Weile gezögert bis ich zu dem Buch gegriffen habe, weil ich dachte, die Thematik kann mich so gar nicht begeistern, aber der Autor schreibt einfach toll.
LG Anette
Eine sehr schöne Rezi :)
Ich kann dir nur voll und ganz zustimmen. Ich war auch total überrascht wie sehr mich das Buch mitreissen konnte, obwohl ich von der Art der Schreibe auch etwas völlig anderes erwartet habe.
Ich mag auf jeden Fall mehr von Chris Cleave lesen.
LG Nanni