Redakteur: Christiane Demuth
„Mord am Hellweg“, Europas größtes internationales Krimifestival, findet 2014 bereits zum siebten Mal statt. Alle zwei Jahre treffen sich nationale wie internationale Krimi- und Thrillergrößen und bieten dem Publikum über acht Wochen ein abwechslungsreiches Programm mit etwa 150 Veranstaltungen. Mehr zur Geschichte des Festivals und der regionalen Verankerung gibt es hier: „Mord am Hellweg“-Das Festival
Am 08. November 2014 lud „Schloss Horst“ in Gelsenkirchen zur großen „Mord am Hellweg“-Thrillernacht.
Angekündigt waren Max Bentow, Jean Bagnol, Yrsa Sigurðardóttir, Oliver Harris, André Georgi und James Carol. Die internationalen Autoren sollten tatkräftige Unterstützung erhalten, z.B. von Schauspieler Benno Fürmann oder dem WDR-Sprecherensemble Christina Maria Greve und Michael Müller.
Die Location bot zahlreiche Möglichkeiten, so wurden die Lesungen auf drei Bühnen – Vorburg, Glashalle und Rittersaal – verteilt. Dem Besucher stand es somit frei, sich sein eigenes Programm für diesen Abend zusammen zu stellen, da alle Autoren mehrere Auftritte absolvieren würden, die jeweils mit etwa 40 Minuten angesetzt waren. Entsprechend blieb zwischendurch ausreichend Zeit, um die Örtlichkeiten zu wechseln.
Bereits um 17h war Einlass, so dass sich in Ruhe ein Überblick verschafft werden konnte und auch einer ersten Schlossbesichtigung nichts im Wege stand. Dann jedoch die schlechte Nachricht: André Georgi wurde Opfer des Bahnstreiks und konnte somit nicht anreisen. Das Programm wurde entsprechend flexibel ein wenig umgestaltet, genügend Autoren waren schließlich zugegen.
Um 18.05h schließlich der Startschuss, den ich in der Vorburg – die Bibliothek am Schloss Horst – miterlebte. Thrillerautor Max Bentow, der mit seiner Reihe rund um den Ermittler Nils Trojan zahlreiche Leser begeistert, sollte aus dem vierten Band, „Das Hexenmädchen“, lesen. Moderiert wurde das ganze von Jürgen Alberts, der dem Autor nicht nur eine selbst gebastelte Hexe mitbrachte, sondern auch mit einer erfrischenden Prise Humor die Stimmung auflockerte. Während des Small-Talks erfuhr das Publikum mehr darüber wieso der Autor seine Hauptfigur so angelegt hat wie es der Fall ist und vor allem auch wie es überhaupt zu der Idee des vierten Bandes kam. Gelesen hat Max Bentow schließlich die ersten Szenen, in denen bereits Potential liegt, dem Leser das Blut in den Adern gefrieren zu lassen.
Bereitwillig hat er, nach dem fulminanten Beginn der Veranstaltung, seine Werke signiert, die natürlich auch an Büchertischen in der Vorburg und der Glashalle erworben werden konnten, wenn sie nicht bereits vorhanden waren.
Nach der ersten gelungenen Lesung hieß es nun schnell über die Brücke zurück ins Schloss, schließlich sollte um 19.10h in der Glashalle James Carol, der mit seinem Debüt „Broken Dolls“ anreiste, auftreten, unterstützt von Schauspieler Benno Fürmann, der den deutschen Lesepart übernahm, sowie Moderatorin Britta Heidemann.
Auf Grund des angekündigten Staraufgebots war die Glashalle gnadenlos überfüllt, wie nicht anders zu erwarten, dennoch gab es noch sehr gute Stehplätze zu ergattern. Was tut man nicht alles – und 40 Minuten sind doch auch gar nicht so schlimm, wenn man dafür eine grandiose Sicht hat.
Britta Heidemann sprach zunächst mit dem Autor über seine Hauptfigur und die generelle Intention, die hinter seinem Werk steckt. Ihre Fragen sowie seine Antworten übersetzte sie sogleich ins Deutsche, worüber wohl der Großteil des Publikums froh war, denn die Schnelligkeit, mit der James Carol sprach, machte es nicht leicht alles richtig zu verstehen. Bevor der erste deutsche Lesepart startete, las der Autor auch selbst noch eine kurze Passage aus seinem Werk.
Von 19.50h bis 20.40h war nun eine etwas längere Pause geplant, in der sich alle Autoren in der Glashalle versammelten, um Signierwünsche zu erfüllen oder einfach nur ein wenig zu plaudern. Auch das durchgängige Angebot an Getränken und Snacks wurde nun ausgiebig genutzt. Des Weiteren bestand die Möglichkeit in der „Fabbrica Italiana Schloss Horst“, dem Restaurant mit italienischer Küche im Keller des Schlosses, einzukehren. Da um 20.40h für mich jedoch nichts auf dem Plan stand, das ich unbedingt sehen wollte, wurde einstimmig beschlossen mit dem Essen zu warten, bis der größte Ansturm auf das Restaurant abgeklungen war. Gesagt, getan, so blieb noch ein wenig Zeit für eine kleine Erkundungstour sowie das Abstauben von Autogrammen.
In herrlicher Atmosphäre bot das Restaurant eine Vielzahl an italienischen Speisen zu erschwinglichen Preisen an, die Auswahl fiel entsprechend schwer. Trotz angekündigter Wartezeit war diese im Endeffekt nicht länger als in jedem anderen Restaurant auch. Bedienung sowie Preis-Leistungs-Verhältnis stimmten in allen Punkten, man war scheinbar auf den Andrang gut vorbereitet.
Nach dieser sättigenden Pause führte mein Weg nicht gleich wieder nach oben. Das Schloss bietet ein weiteres Highlight an, das es so nicht häufig zu sehen gibt. In den Katakomben gibt es die Ausstellung „Leben und Arbeiten im Zeitalter der Renaissance“, die den Besucher auf die Schlossbaustelle im Jahr 1565 führt. Das Betreten dieser ist absolut erwünscht und bietet mehr als nur Vitrinen und Schautafeln. Hier finden sich Ställe, Werkbänke und ähnliches, wo es interessante Informationen zu entdecken gibt. Anfassen und Nachmachen sind ebenso erlaubt wie einfach nur Ansehen. Für Groß und Klein ein Spielplatz der Möglichkeiten mit Lerneffekt, man fühlt sich wirklich um Jahrhunderte zurückversetzt.
Die Zeit war inzwischen merklich fortgeschritten, nur noch ein Set um 22.45h stand aus, das mich nun wieder in die Glashalle zog. Hier würde Jean Bagnol lesen. Hinter dem Pseudonym verstecken sich das Ehepaar Nina George und Jo Kramer, die beide bereits mit eigenen Werken auf sich aufmerksam gemacht haben. „Commissaire Mazan und die Erben des Marquis“ ist ihr erstes gemeinsames Werk, das in seiner Entstehung nicht ausschließlich für Harmonie in der Ehe gesorgt hat. Moderiert wurde diese Veranstaltung von Christiane Antons, die den Autoren so manches intime Detail entlockte, was häufig zu Schmunzeln im Publikum führte. Mit verteilten Rollen las das Ehepaar schließlich eine Passage aus dem Werk, welches dadurch sehr lebendig wurde. Kurzweilig und gleichzeitig zum Nachdenken anregend, klar, dass dieses Buch den Weg zu mir finden musste.
Das letzte Set bestritten jeweils zwei Autoren, so bildete Max Bentow für mich den Abschluss, wie schon den Beginn. Der Kreis schloss sich mit einer anderen Passage als zu Anfang, wodurch sich keine Wiederholungen ergaben.
Gegen 23.35h waren die letzten Worte verklungen, der Applaus abgeebbt und das Publikum merklich zusammengeschrumpft. Diejenigen, die von Anfang bis Ende durchgehalten haben, machten sich auf den Weg nach Hause.
Es war ein wahrlich mörderischer Abend, den man so schnell nicht vergessen wird. Eine großartige Location und tolle Gäste, rundum gelungen, ein wahrer Erfolg.
Schon jetzt bin ich gespannt was das „Mord am Hellweg“-Festival in zwei Jahren zu bieten haben wird.