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[REZENSION] 17 Briefe oder der Tag, an dem ich verschwinden wollte

Redakteur: Anette Leister

Titel: 17 Briefe oder der Tag, an dem ich verschwinden wollte
Autor: Karolin Kolbe
Verlag: Thienemann
Reihe: -/-
empfohlenes Lesealter: 12-20 Jahre
Ausführung: Taschenbuch, 192 Seiten

Autor:
Karolin Kolbe, 1993 in Kassel geboren, denkt sich Geschichten aus, seitdem sie Kassetten aufnehmen und Buntstifte halten kann. Mit der Grundschulzeit begann das Aufschreiben und lässt sie nun nicht mehr los. Nach ihrem Abitur zog sie für ein Freiwilliges Ökologisches Jahr nach Berlin, wo sie nun studiert. Die Autorin liebt interessante Menschen, gute Gespräche, spannende Bücher und Filme, bunte Farben, blühende Natur und die Sonne.
www.karolin-kolbe.de

17 BRIEFE ODER DER TAG, AN DEM ICH VERSCHWINDEN WOLLTE

Line ist sehr unglücklich. Ihr dominanter Vater macht ihr, der jüngeren Schwester und der Mutter ständig Vorwürfe und schüchtert sie ein. Line soll Schuld daran sein, dass er vor 18 Jahren nach der Schule keine Weltreise machen und anschließend studieren konnte. Line zieht sich immer mehr in sich zurück, ihre Schwester tröstet sich über den Familientwist mit Essen hinweg, die Mutter duckt sich vor den Vorwürfen des Vaters weg und versucht einen oberflächlichen Frieden zu bewahren, in dem sie zu allem, was ihr Mann will, ja und Amen sagt.
Line weiß nicht mehr, was sie tun soll, sie weiß nur, so wie jetzt kann es nicht mehr weitergehen. Da sie auf Grund ihrer familiären Lage das Vertrauen zu Menschen verloren hat, sucht sie in ihren Büchern um Rat. Ihre Sammlung an Reclam-Heftchen wird zu ihrem Orakel, auf Grund dessen Vorhersagungen sie in 17 Tagen verschwinden will…

So wenig Ruhe Line für die Dinge fand, die ihr Freude bereiteten, ihre Bücherliebe hatte sie schon immer geflegt. Die Bücher waren ihre Freunde, ihre Familie und vor allem ihre Ratgeber. Ihr Orakel eben.
An dem Tag, an dem sie entschieden hatte, dass etwas passieren musste, war sie mit geschlossenen Augen an das Regalbrett getreten, das Brett, auf dem fein säuberlich ihre Reclam-Heftchen standen, eines neben dem anderen. Sie wusste nicht wieso, aber sie vertraute den gelben Lektüren mehr als irgendeinem Menschen. (S.15)

Eine weitere Textstelle bringt sie doch zunächst dazu alle ihre Sorgen und Gedanken in einem Brief festzuhalten, den sie unter einem Stein am Bach versteckt, an dem sie sich gerne zurückzieht. Dort wird er von Anton gefunden, einem Jungen aus ihrer Klasse, mit dem sie als Außenseiterin keinerlei Kontakt hat. Im Gegensatz zu ihr ist er beliebt, ein toller Fußballspieler und mit einem hübschen und angesagten Mädchen zusammen. Seltsamerweise berührt der Brief Anton, denn was keiner weiß: bei ihm ist vieles nur Fassade, in Wirklichkeit ist auch seine Familie am Zerbröckeln. Seine Schwester ist magersüchtig, doch die Mutter weigert sich strikt der Wahrheit ins Auge zu sehen, da eine Magersucht ihrer Tochter ihrem Ruf als Kinderärztin schaden würde. Anton selbst setzt sich unter Druck, weil er Erwartungen erfüllen möchte, sowohl im Sport als auch in seiner Beziehung.
Zwischen den beiden problembeladenen Jugendlichen entwickelt sich ein Austausch mit 17 Briefen, für jeden Tag einen bis zu dem Tag, an dem Line eigentlich verschwinden wollte…

Karolin Kolbes Geschichte von Line und Anton ist in Kapiteln aufgebaut, die von „Noch 17 Tage“ bis „Heute“ vorwärtszählen, vom Beginn der Handlung, bei der der Leser erfährt, dass Line aus ihrem traurigen Leben verschwinden will, bis zu dem Zeitpunkt, als der letzte Brief geschrieben und gelesen wird.
Die Idee ein Mädchen ohne Rückhalt bei Familie und Freunden nach Ratschlägen in Büchern suchen zu lassen und dadurch auf ein offenes Ohr zu stoßen, dass von einer Stelle her rührt, mit dem sie nie gerechnet hätte, ist eine schöne Parabel, dass Freunde und Hilfe manchmal an ganz anderen Stellen zu finden ist als man erwartet. Zudem zeigt die Figur des Anton auf, dass auch Menschen, die nach außen hin selbstsicher wirken und beliebt sind, ihr Päckchen an Problemen mit sich herumzutragen haben.
Karolin Kolbe reisst sehr viele Probleme in ihrem Buch an, die in Familien mit Kindern und Jugendlichen auftreten können, wie Übergewicht, Magersucht, Beziehungsprobleme der Eltern, Verdrängung von Problemen, Bevormundung und Unterdrückung. Trotzdem – und auch trotz des relativ geringen Umfangs – schafft die Autorin es in meinen Augen die Geschichte nicht zu überladen wirken zu lassen.
Durch das Ansprechen vielfältiger Probleme und dem Aufzeigen verschiedener Wege, wie man diese anpacken und möglicherweise lösen kann, finde ich „17 Briefe“ sehr geeignet, um als Schullektüre gelesen zu werden. Karolin Kolbe schickt ihre Protagonisten auf einen guten Weg, sie müssen nur den Mut beweisen aus ihrer vertrauten Umgebung auszubrechen und neue Wege zu beschreiten.

Redakteur: Julia Ehrenberg

Line ist fast 18 und sehr unglücklich. Zu Hause gibt es immer wieder Stress mit ihrem Vater, vor dem die Mutter und die kleine Schwester richtiggehend Angst haben. In der Schule war sie schon immer Außenseiterin und Freunde hat sie auch keine.
Bei Anton ist das ganz anders. Er ist mit dem beliebtesten Mädchen der Schule zusammen und außerdem ein erfolgreicher Fußballspieler. Sein Leben scheint perfekt. Alle seine Freunde glauben auch, dass es so ist. Was sie nicht wissen, ist, wie es bei Anton zu Hause aussieht. Da ist absolut keine heile Welt. Seine Schwester ist krank, aber statt ihr zu helfen kehren die Eltern das lieber unter den Teppich. Und Anton traut sich auch nicht, einzugreifen und etwas zu ändern.
Dann findet er eines Tages einen Brief am Bach unter einem Stein. Der Brief ist von Line, was er aber nicht weiß. Sie schreibt darüber, dass sie gehen will, nicht weiß, was sie tun soll. Und Anton antwortet ihr, ohne zu wissen, wer es ist, dem er antwortet. Ab da an kommen beide jeden Tag zum Bach, schreiben sich immer abwechselnd kleine Briefe, in denen sie viel von sich und ihren Problemen berichten und sich gegenseitig Mut machen. Sie berichten mehr, als sie jemals jemanden anvertraut haben. Kann sich dadurch ihr Leben ändern?
17 Tage lang begleitet man Line und Anton, 17 Briefe werden geschrieben. Es sind also nur 2,5 Wochen, die man die beiden begleitet, eine kurze Zeit, in der aber viel passiert. Das Buch ist unglaublich berührend du intensiv. Am Anfang noch etwas holprig, war ich doch schnell drinnen in der Geschichte, richtig versunken in die Welt der beiden Jugendlichen. Erzählt wird die Geschichte immer abwechselnd aus der Sicht von Line und Anton. Das erhöht die Spannung, vor allem aber erfährt man so viel mehr, als man es bei einem Erzähler hätte erfahren können.
Das Buch handelt von vielen Problemen. Aber irgendwie schafft Karolin Kolbe es, dass es trotz allem kein deprimierendes Buch ist. Es ist zwar ein ruhiges etwas melancholisches Buch, aber keins, was einen hoffnungslos und traurig zurücklässt. Trotz allem strahlt das Buch auch etwas Positives aus.
Ich hatte beim Lesen auf jeden Fall sehr viel Spaß und wünsche diesem Werk der jungen Autorin viele Leser! Ich bin gespannt, was wir in Zukunft noch von Karolin Kolbe werden lesen können. Ich werde die Autorin auf jeden Fall im Auge behalten! 

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