Redakteur: Christiane Demuth
Autor: Bettina Kerwien
Übersetzer: -/-
Verlag: Gmeiner
Reihe: -/-
Ausführung: Taschenbuch, 342 Seiten
Bettina Kerwien wurde 1967 geboren und hat Amerikanistik und Publizistik an der Freien Universität Berlin studiert. Daneben schrieb und fotografierte sie für verschiedene Zeitungen. 1989 gründete sie die Werbeagentur »Horizonte« und hob die Berliner Handball-Fachzeitschrift »HiB« aus der Taufe. 1997 erwarb sie gemeinsam mit sieben Kollegen ein traditionelles Stahlbau-Unternehmen. Nach einer beruflichen Zäsur im Jahr 2004, die sie zur Geschäftsführerin dieses Unternehmens machte, widmete sie sich dem Schreiben. Mit »Machtfrage« gibt sie ihr Debüt im Gmeiner-Verlag.
MACHTFRAGE
Ex-RAF-Mitglied Martin Landauer und Politologe Johannson kümmern sich mit ihrer Stiftung um die Wiedergutmachung gesellschaftlichen Unrechts. Doch sie müssen einsehen, dass sie damit nicht bei allen auf Gegenliebe stoßen. Staatssekretär Grendel ist nur einer ihrer Widersacher. Plötzlich taucht Michael Glass, seit fast drei Jahrzehnten totgeglaubt, wieder auf und facht den Konflikt erst so richtig an…
Ali hieß den Schmerz willkommen. Er bog den Rücken durch, wartete, bis sein Herzschlag sich beruhigte. Dann krallte er die Hände in das Laub des Waldbodens, zog sich auf die Knie. Quälte sich hoch. Sein ganzer Körper schmerzte, aber es fühlte sich mehr nach einer überstandenen Schlägerei an. Nichts Lebensbedrohliches. (S. 172)
Politische Themen, gerade wenn sie nahe an der Realität angesiedelt sind, gleichen immer ein wenig einer Gratwanderung. Einerseits besitzt der Leser zumeist Vorwissen, andererseits hat er gewisse Erwartungen an die Geschichte. Bettina Kerwien gelingt es, eine mit Sicherheit nicht einfache Thematik, in ein vielschichtiges, spannendes Geflecht einzubetten, das den Leser in seinen Bann zieht.
Zu Beginn mag man sich noch gar nicht so sicher sein, dass das wirklich geschieht, denn es gibt viele Perspektiv- und Ortswechsel, somit auch eine Vielzahl an Personen, die bereits auf den ersten Seiten eingeführt werden. Leicht kann man sich von dieser Menge erschlagen fühlen, ebenso wie man möglicherweise leicht verloren dasteht, auf Grund der manches Mal verwirrenden Szenenwechsel.
Es lohnt sich jedoch am Ball zu bleiben und nicht zu früh aufzugeben, denn schon bald zeichnen sich erste Zusammenhänge ab, die im weiteren Verlauf vertieft werden. So verfolgt man voller Spannung die verschiedenen Handlungsstränge und hat bereits das ein oder andere Mal mögliche Erklärungen im Hinterkopf, wie diese nun wieder in den Zusammenhang eingepflegt werden könnten. Ob die eigenen Überlegungen sich schließlich mit den tatsächlichen decken, wird sich zeigen. Man ist schlussendlich jedoch so tief im Geschehen verankert, dass man beinahe das Gefühl hat nur den Arm ausstrecken zu müssen, um die Figuren berühren zu können.
Nicht alles wird zum Schluss bis ins allerletzte Detail aufgeklärt, so hofft man natürlich auf eine Fortsetzung, die diese Fragen aufgreift und weiterführt. „Machtfrage“ bietet einige spannende sowie lehrreiche Lesestunden, lässt den Leser aber gleichzeitig nachdenklich zurück.