Rezension

[REZENSION] Acht Städte, sechs Senioren, ein falscher Name und der Sommer meines Lebens

Redakteur: Anette Leister

Titel: Acht Städte, sechs Senioren, ein falscher Name und der Sommer meines Lebens (OT: Wanderlost)
Autor: Jen Malone
Übersetzer: Jessika Komina, Sandra Knuffinke

Verlag: Magellan
Reihe: -/-
empfohlenes Lesealter:  ab 13 Jahren
Ausführung: Klappenbroschur, 320 Seiten
Autor:
Mit turbulenten Ereignissen kennt sich Jen Malone bestens aus. Immerhin arbeitete sie schon als Presseagentin in Hollywood, bereiste innerhalb eines Jahres zweiundvierzig Länder, lernte ihren Ehemann auf der Autobahn kennen und bekam die Wehen bei der Geburt ihrer Zwillinge im Tourbus eines Rockstars. Heute hebt sie sich solche Abenteuer lieber für ihre Bücher auf. Sie weiß also genau, wovon sie in ACHT STÄDTE, SECHS SENIOREN, EIN FALSCHER NAME UND DER SOMMER MEINES LEBENS schreibt.

 

ACHT STÄDTE, SECHS SENIOREN, EIN FALSCHER NAME UND DER SOMMER MEINES LEBENS

 

Als Aubree Zuhause eine Party schmeißt und ihre ältere Schwester Elizabeth den Kopf hinhält, als Ärger am Horizont aufzieht, kommt Couchpotato Aubree wie die Jungfrau zum Kind zu einer Städtetour durch Europa, bei der sie die Reiseleiterin für eine Seniorentruppe mimen muss. Elizabeth hat den Job als Reiseleiterin zugesagt, um Bonuspunkte für ihr Politikstudium zu sammeln, durch die Rückendeckung für Aubrees aus dem Ruder gelaufene Party darf sie nun jedoch in nächster Zeit das Land nicht verlassen, wodurch sie diesen Job nicht antreten kann. Damit Elizabeths Zukunftspläne nicht den Bach runtergehen, sagt Aubree schweren Herzens zu an ihrer Stelle nach Europa zu fliegen.

Aubree ist ein richtiges Mamakind. Sie fühlt sich Zuhause pudelwohl und hat noch nie das Verlangen verspürt zu reisen. Sie ist pingelig mit dem Essen und äußerst unselbstständig. Im Gegensatz zu Aubree ist Elizabeth perfektionistisch veranlagt. Sie stattet Aubree mit einem Ordner aus, der jedes kleinste Detail über die Reise enthält, außerdem wollen die beiden in regelmäßigem telefonischen Kontakt bleiben. Aubrees Chaosgen setzt sich jedoch durch, sobald sie außerhalb des Wirkungskreises ihrer Schwester ist. Kaum in Europa gelandet, vergisst Aubree sowohl den Ordner ihrer Schwester als auch ihr Handy an Bord des Flugzeuges…

Die Geschichte von Aubree als Globetrotter wider Willen, die in die Rolle ihrer perfektionistisch veranlagten Schwester schlüpft ist sehr witzig und kurzweilig zu lesen. Als Leser hat man von Anfang an ein ungutes Gefühl, dass die chaotische und unselbstständige Aubree ihrer Aufgabe als Reiseleiterin gewachsen sein wird und dies scheint sich schnell zu bewahrheiten. Zu unvorstellbar ist es, dass eine Siebzehnjährige, die von ihrer Mutter als Nesthäkchen verhätschelt und umsorgt wird, ganz alleine auf sich gestellt einen derart verantwortungsvollen Job stemmen kann. Doch Aubree wächst zum einen in ihrer Notlage über sich hinaus, zum anderen hat sie einfach Riesenglück, auf mehrere Personen zu treffen, die ihr helfen wollen.
Trotz aller Widrigkeiten kann nun eine aufregende Reise durch die Metropolen Europas starten. Wider Erwarten findet Aubree Gefallen an der Reise und an ihren Schützlingen. Die Senioren sind einfach herzig! Ein Schock ist für Aubree allerdings, dass sich unter den Senioren die Mutter der Reiseveranstalterin befindet, die nichts davon weiß, dass Aubree die Rolle ihrer Schwester Elizabeth übernommen hat.
Neben den liebenswerten, aber grundverschiedenen Senioren spielt ein Mitarbeiter des Reiseunternehmens eine große Rolle. Zunächst lernen sich Sam und Aubree nur übers Telefon kennen. Sam arbeitet im heimischen Büro des Veranstalters und telefoniert täglich die Reiseleitungen in Europa ab, um sich ein Bild der aktuellen Lage zu verschaffen. Von Anfang an stimmt die Chemie zwischen Aubree und Sam und es dauert nicht lange, und die beiden verlieben sich in ihr Telefongegenüber. Im Traum hätte Aubree nicht daran gedacht, dass sie eines Tages Sam in Fleisch und Blut gegenübersteht und es damit immer schwieriger wird die Rolle als Elizabeth aufrecht zu erhalten. Schlimmer kann es nicht kommen… oder?

„Acht Städte, sechs Senioren, ein falscher Name und der Sommer meines Lebens“ konnte ich einmal angefangen nicht mehr aus der Hand legen. Jen Malone schreibt witzig, kurzweilig, hat einmalige Charaktere erschaffen und hat Wendungen in die Geschichte eingebaut, die zwar teilweise überzogen sind, dafür aber für Situationskomik sorgen und sicherlich nicht vorhersehbar sind.
Zudem fesselt das Sightseeing durch Städte wie Amsterdam, Wien oder Prag, egal, ob man diese Städte bereits selbst besucht hat oder nicht. Entweder schwelgt man in Erinnerungen an vergangene Besuche oder bekommt Lust darauf diese Städte zu erkunden.

Dennoch gab es einen beziehungsweise zwei Punkte, die mich an der Geschichte gestört haben:
Die „Sound of Music“ Tour in Wien funktioniert nur bei Fans in den USA wirklich gut. In den USA hat der Film Kultstatus, in Deutschland ist er recht wenig bekannt. Die Szenen, auf der Aubree, Sam und die Senioren auf den Spuren des Films wandeln, sind zwar genauso nett beschrieben wie der Rest des Buches, lösen in Jen Malones Heimat aber sicher größere Begeisterung aus.
Und nun zu dem Punkt, den ich wirklich als störend empfunden habe und mir den Spaß an der Lektüre etwas getrübt hat. Die Klischees, die Jen Malone beinahe zu Tode geritten hat, die typisch deutschen Eigenheiten, wie das Essen von Blutwurst, das Tragen von Lederhosen und Jägerhüten, beliebig erweiterbar auf die anderen Städte und Länder, wie Holland, in der natürlich jeder Holzschuhe trägt… Vielleicht hat Jen Malone die Anspielungen ironisch gemeint und will damit die Vorurteile ihrer Landsmänner und -frauen aufs Korn nehmen, die Europa genau so sehen, wie sie es hier darstellt. Mir kam es jedoch nicht ironisch, sondern ernst gemeint vor, und deshalb habe ich mich daran gestört. Es war irgendwann einfach zu viel des Guten!

Jen Malones Geschichte über Aubree, der Reiseleiterin wider Willen, die in Europa sowohl die Liebe zu einem Jungen als auch die Liebe zum Reisen entdeckt, ist schräg, witzig und liebenswert. Ein kleiner Wermutstropfen ist die Klischeereiterei der Autorin, doch auch die konnte mir den Lesespaß letztendlich nicht nehmen!

 

 
MUSS ICH HABEN!

 

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