Redakteur: Leyla Luna Serbest
Autorin: Elif Batuman
Übersetzer: -/-
Verlag: Penguin Books Imprint Vintage
Reihe: 1/2
Ausführung: Taschenbuch, 432 Seiten, englisch
THE IDIOT
Zu dem Roman habe ich recht spontan in der englischsprachigen Buchhandlung Shakespeare and Company in Wien (benannt nach der gleichnamigen Buchhandlung in Paris!) gegriffen – angesprochen hat mich, dass es um eine türkischstämmige Person geht, die ihr erstes Studienjahr absolvieren wird. Der Titel soll wohl eine Anspielung auf einen Roman von Dostojewski sein, der denselben Namen trägt.
Dostojewskis „Idiot“ und Elif Batumans „Idiotin“ eint, dass sie beide mit einer unglaublichen Naivität durch die Welt gehen. Selin, Batumans Protagonistin, ist neunzehn Jahre jung und man begleitet sie auf ihren ersten Schritten in Harvard.
Naivität meint bei ihr aber nicht, dass sie zum Beispiel in Sachen Liebe ausgenutzt wird oder Ähnliches – viel mehr steht sie vor dem Problem, durch ihre ersten Unikurse, die Welt nicht mehr ganz verstehen zu können. Sollte es aber nicht eigentlich andersrum sein? Und man versteht die Welt durchs Lernen besser?
In dem Roman werden stattdessen auch mir bekannte Fragen aufgeworfen: Was passiert, wenn man versucht, die erlernte Theorie auf sein Leben zu beziehen? Kann man das überhaupt, ein Leben nach wissenschaftlichen Modellen leben?
Durch das Belegen von zum Beispiel Linguistik- (also Sprachwissenschaft) und Mathematik-Einführungskursen, hinterfragt Selin plötzlich alles: wie wir denken, wie wir uns verlieben, worauf Freundschaften greifen und vieles mehr.
Die vielen neuen Inputs konfrontieren sie mit einigen Theoriekonzepten und Weltansichten, die sie auf ihr Leben zu beziehen versucht – was natürlich nicht immer klappt und bei ihr, sowie bei den Leser*innen, viele Fragezeichen hinterlässt.
Das Hinterfragen greift bei ihr so tief, dass simple Gespräche auf einmal zum Problem werden und auch neue Bekanntschaften von dem ständigen Grübeln betroffen sind.
Spannend fand ich beim Lesen zu beobachten, inwiefern Selins Art zu denken sich verändert hat durch die erste Zeit an der Uni. Es ist also nicht der typische „american univerity“-Roman, in dem es viel um erste Liebe und Alkoholexzesse geht. Stattdessen darf miterlebt werden, wie eine interessierte, wissbegierige, junge Frau versucht, die Welt (neu) zu verstehen – und dabei immer ahnungsloser wird und sich ein wenig verrennt.
Im Nachhinein habe ich öfter gelesen, dass viele den Roman als sehr witzig empfunden haben – mir persönlich ging es aber gar nicht so, was aber auch keine Kritik sein soll. Vielleicht entstehen durch Selins verkopfte, vielleicht zu intellektuelle Art manchmal komische Situationen, aber darüber zu lachen hätte sich für mich wie ein Auslachen angefühlt. Ich habe für die Protagonistin während des gesamten Lesens viel Empathie verspürt und sie ist mir mit ihren Eigenarten sehr ans Herz gewachsen. Ich freu mich also auf die Fortsetzung „Either/Or“!
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