Uncategorized

[COOL-TOUR-KATZE] Meet & Greet mit Jean-Paul Didierlaurent

Redakteur: Anette Leister

In den Vorbereitungen auf die diesjährige Frankfurter Buchmesse hielt ich wie bereits im letzten Jahr gezielt nach Büchern von Autoren des Ehrengastlandes Ausschau und stieß so auf Jean-Paul Didierlaurent. Im Vorfeld der Messe las ich sein neues Werk „Der unerhörte Wunsch des Monsieur Dinsky“, welches mich zu einem neuen Beitrag in der Rubrik „Zu Tisch bei…“ inspirierte: einen far breton, den ich allerdings statt mit Pflaumen mit Äpfeln zubereitete. Die – begeisterte – Rezension zu dem Buch wird noch folgen, durch Urlaub und Buchmesse hänge ich furchtbar mit meinen Beiträgen hinterher!

Am Messedonnerstag lud der dtv Verlag einige Blogger zu einem Meet and Greet mit Jean-Paul Diddierlaurent ein. Leider sprach Monsieur Didierlaurent nur französisch, und wir fast ausnahmslos nur deutsch und englisch, doch zum Glück stieß mit ein paar Minuten Verspätung die Übersetzerin des Romans Sina de Malafosse zu unserem Treffen hinzu, so dass wir dank ihrer Übersetzung den Autor mit unseren Fragen löchern konnten.
Da es mir immer unangenehm ist, wenn man schweigend in einer solchen Runde zusammensitzt und ich ja auch gerne ein paar direkte Worte an Jean-Paul Didierlaurent loswerden wollte, teilte ich ihm in einer Mischung aus fast vergessenem Schulfranzösisch in Kombination mit Englisch und Deutsch mit, dass ich den far breton aus dem Buch nachgebacken habe, meine Katzen diesen im Gegensatz zu dem Kater aus dem Buch jedoch nicht so gerne mögen. Da er in seiner Widmung in meinem Buch darauf einging, ist mein Französisch doch noch besser als gedacht ;)
Wir saßen in einem recht kleinen Raum, dafür konnten wir uns untereinander aber wenigstens besser verstehen, als wenn wir an einem Tisch inmitten des dtv Standes gesessen hätten. Allerdings war es wiederum so eng, dass man hinter Frau Broller vom Verlag nicht mal mehr die Tür schließen konnte :’D

Sina de Malafosse, Stefanie Broller und Jean-Paul Didierlaurent

ein Teil der teilnehmenden Blogger

Blogger: Wie kommen Sie auf die Berufe Ihrer Charaktere?

Jean-Paul Didierlaurent, übersetzt von Sina de Mallafose: Die Idee mit dem Leichenbestatter kam ihm als sein Vater gestorben ist und er sich deswegen Gedanken über diesen Beruf gemacht hat. Es ist ein Beruf, den jeder kennt, aber über den niemand spricht. Er erzählt gerne über die Unsichtbaren.
Bei der Pflegekraft Manelle ist es genauso. Ein Beruf, den immer mehr brauchen, über den aber kaum einer redet.
Es gefällt ihm dem Gewöhnlichen etwas Besonderes zu verleihen. Er will niemanden als Helden haben, der sowieso schon in der Hierarchie der Gesellschaft ganz oben steht.

Blogger: Um so etwas zu schreiben, muss man sich ja stark in die Figuren einfühlen, wie lange hallt das Geschriebene in Ihnen nach?

D./d. M.: Bei diesem Buch war es sehr extrem, gerade bei dem Roadtrip am Ende der Geschichte. Er hatte nach beenden des Buches fast eine Woche lang einen starken Babyblues, wie nach einer Geburt. Die Figuren verfolgen einen fast wie Geister, von denen man besessen sind, sie werden für einen selbst fast real.

Blogger: Wie wichtig sind Ihnen Genuss und die kleinen Freuden des Lebens, denn gerade bei Ambroise Großmutter Beth kann man ja sagen „Liebe geht durch den Magen“?

D./d. M.: Er isst sehr gerne, er trinkt gerne Wein mit Freunden. Es gibt immer Absätze mit Essen in seinen Romanen. Er mag die Großmutter Beth sehr gerne, sie ist herzlich. Für ihren Enkel ist sie der Mittelpunkt des Lebens, jeder hätte gerne eine Großmutter wie sie.

Blogger: Wie wichtig ist ihm die französische Tradition, denn die Großmutter tischt ja hauptsächlich französische Gerichte auf?
D./d. M.: Er mag auch italienische Küche. Die französische Küche ist eine sehr gut angesehene Küche. Die hohe Restaurantküche in Frankreich interessiert ihn nicht so, eher die kleinen Gerichte aus dem Backofen, die die Großmütter machen.

Blogger: Ich schwelge immer noch sehr in „Die Sehnsucht des Vorlesers, weil ich sehr mitgelitten habe. Mich würde interessieren woher Sie die Idee zu diesem Roman hatten.
D./d. M.: Für einen Erzählwettbewerb musste er einen Text zum Thema „Buch“ schreiben. Dieses Thema ist riesig. Er wollte originell sein und das Thema von hinten aufzäumen. Er dachte, er spricht über Bücher, indem er über jemanden erzählt, der Bücher zerstört. Zehn Jahre bevor er den Roman geschrieben hat, hat er für diesen Wettbewerb diese Figur erfunden. Es war damals ein alter Herr, der jeden Tag tausende von Büchern in einer Fabrik zerstört. Er konnte das nur ertragen, in dem er jeden Tag einen Roman mitgenommen und in der U-Bahn vorgelesen hat und dann auf dem Sitz zurückgelassen hat. Das war die Grundidee. Es war schon damals davon überzeugt, dass diese Idee ein Roman werden muss. Es hat zehn Jahre gedauert, bis aus der Kurzgeschichte ein Roman geworden ist.
Blogger: Mir gefiel in „Die Sehnsucht des Vorlesers“ besonders der Mann der alle Ausgaben von diesem einen Buch gesammelt hat. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
D./d. M.: Weil ich Stephen King liebe. Die Szene mit den Beinen ist ein bisschen splattermäßig. Er mochte diese Mischung aus makaber und poetisch.
Blogger: Ich kann mir vorstellen, dass es beim Übersetzen nicht immer so einfach ist die richtigen Formulierungen zu finden. Wie gelingt dir das immer?
D./d. M.: Ich hoffe, das es mir gelingt. Es ist immer eine Suche, ich kann manchmal nicht Wort für Wort übersetzen und muss ein Äquivalent suchen. Man schreibt den Text irgendwie neu und muss immer gucken, dass es irgendwie passt.
Blogger: Übersetzt du nur französisch oder auch englisch.
D./d. M.: Nur französisch.
Blogger: Ist das eine einfachere Sprache um poetische Elemente zu übersetzen?
D./d. M.: Ich habe den Vergleich nicht so, aber ich glaube auch Englisch kann unglaublich Vokabelreich sein und es kommt vor allem auf den Text an, den man übersetzen muss.

Blogger: Welches Ihrer Bücher ist ihr Favorit oder welcher Charakter?
D./d. M.: Das ist, als würde man fragen welches seiner Kinder man am liebsten mag. Er verbindet jedes seiner Bücher mit ganz bestimmten Momenten in seinem Leben und er liebt alle seiner Figuren.
Blogger: Brauchen Sie Ruhe um sich herum, wenn Sie schreiben?

D./d. M.: Er hört dabei Musik, aber er achtet beim Schreiben drauf, was er hört. Er hört zum Beispiel U2 oder ACDC, italienische Komponisten oder Yann Tiersen, den Komponist von „Die fabelhafte Welt der Amelie“. Manchmal macht er auch einfach youtube an und lässt es laufen, aber er kann keine französische Musik hören, dass lenkt zu sehr vom Schreiben ab. Wenn er was Lustiges schreiben möchte, dann versucht er was Heiteres zu hören, wenn es berührend sein soll, muss die Musik auch passen, manchmal hört er aber auch gar nichts.
Blogger: Wann erscheint Ihr neues Buch?
D./d. M.: Im Januar in Frankreich. Dann muss es aber erst noch von dtv eingekauft und übersetzt werden.
Blogger: Wie lange dauert eine Übersetzung?
D./d. M.: Das kommt auf den Stil an und die Länge des Buches. Wenn man es sehr konzentriert macht, kann man die erste Fassung in 1 1/2 bis 2 Monaten durch haben.

Ich habe nicht alle Fragen und Antworten wiedergegeben, die während dieses Meet and Greet ausgetauscht wurden. In einem weiteren Blogpost bei Annett von Reading Books über dieses Treffen findet ihr vielleicht noch andere Passagen aus der Fragerunde. Einen kurzen Eindruck über das Treffen vermittelt auch Anya auf ihrem Blog Bücher in meiner Hand.

Tagged , , , ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert