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[REZENSION] Die unterirdische Sonne

Redakteur: Anette Leister

Titel: Die unterirdische Sonne
Autor: Friedrich Ani
Verlag: cbt
Reihe: -/-
empfohlenes Lesealter: ab 16 Jahren
Ausführung: Hardcover, 336 Seiten

Autor:
Friedrich Ani wurde 1959 geboren und lebt in München. Er schreibt Romane, Gedichte, Jugendbücher, Hörspiele und Drehbücher. Seine Werke wurden in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach prämiert, u.a. mit dem Deutschen Krimipreis, dem Adolf-Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis. Friedrich Ani ist Mitglied des Internationalen PEN-Clubs.

DIE UNTERIRDISCHE SONNE

Fünf Kinder und Jugendliche werden im Keller eines Hauses gefangen gehalten. Ab und zu wird einer von ihnen hoch ins Haus geholt, doch man erfährt nicht, was dann passiert. Die Kinder reden nicht miteinander, wer über die Ereignisse spricht, stirbt, bekommen sie gesagt.
Von Beginn an ist das Buch kantig, schwierig, stockend. Ein Mädchen stottert, der Leser wird wie ein Spielball zwischen den Geschichten der Kinder hin und her geworfen, die Erwachsenen bleiben unbekannt, die Sprache lässt einen manchmal ins Stocken geraten. Zu Beginn wünschte ich mir noch häufig mehr von “oben” zu erfahren, doch irgendwie schreckte ich davor auch zurück. Ungern wollte ich wie ein Voyeur wirken, der bei der Misshandlung von Kindern nähere Details in Erfahrung bringen will, ungern wollte ich die Kinder von anderen Faktoren in den Hintergrund drängen oder im Keller allein lassen.
Einerseits hat Friedrich Ani einen sehr flüssig zu lesenden und poetischen Schreibstil, andererseits durchbricht er seinen Stil mit dem Stottern von Maren oder häufig wiederholten Aussprüchen wie “Egal, Schwester Regal”. Der Ausdruck erschien mir so untypisch für die Jugendsprache, dass ich ständig daran hängengeblieben bin.
Die Protagonisten dieses Buches sind 11-16 Jährige Kinder und Jugendliche, von daher scheint “Die unterirdische Sonne” gut in die Jugendbuchabteilung zu passen. Man sollte jedoch auf keinen Fall den roten Button mit dem Vermerk “Empfohlenes Lesealter ab 16 Jahren” auf der Rückseite des Buches unterschätzen: das Buch geht psychisch an die Substanz. Das Grauen kommt schleichend, da die Verursacher lange für den Leser im Dunkeln brauchen, das Grauen bleibt aber lange und wirkt nach, da man Seite für Seite merkt, wie tief die Kinder verletzt werden, wie nachhaltig erniedrigt und wie hilflos sie in dieser scheinbar ausweglosen Situation sind.
Das Buch ist in drei Akte unterteilt. Der Leser wird völlig unvorbereitet in die Handlung geworfen, er ist mit den Kindern im Keller eingesperrt und erfährt nur nach und nach, wie die Kinder dorthin gelangt sind, wie die Familiensituation jedes einzelnen vor ihrer Entführung war. Der zweite Akt ist in meinen Augen schon nahezu unheimlich metaphorisch gestaltet durch Märchen, die sich die Kinder gegenseitig erzählen. Hier ist die Bildsprache so stark ausgeprägt, dass sie vielen Bilder kaum in der Fülle zu erfassen und zu verarbeiten sind. Gerade in diesem Abschnitt musste ich die Altersempfehlung hinterfragen, da man hier immer mehr in die Abgründe geführt wird, und dabei führungslos immer tiefer hinein tappt, ohne Hoffnung auf ein Entkommen. Gäbe es am Ende (Auf-)Lösungen, Erklärungen dafür, was in dieser Geschichte mit den Jugendlichen passiert ist, wäre der Umgang mit dem Stoff einfacher, die Wirkung jedoch nicht so stark. Die Entwicklung, die die jungen Protagonisten und damit der Ausgang der Geschichte nimmt, wirkt lange nach und lässt einen mit allem anderen als einem guten Gefühl zurück. Man kann verstehen, warum die Dinge ihren Lauf nehmen, wie sie es tun, aber man weiß, wenn man von außen auf das Geschehen nimmt, dass nach dem ENDE nur weiter Schlechtes entstehen kann. Das Schweigen, das Darüberhinwegsehen, das Verleugnen und das Flüchten vor Problemen schafft dieselbigen nicht aus der Welt.
Das Buch sollte man nur lesen, wenn man psychische Gewalt verarbeiten kann und sich nicht davor scheut am Ende mit Fragen zu stehen, die keiner beantworten kann. Das Buch ist in Abschnitten zäh, aber ich hatte auch nie das Gefühl, dass es gefallen will, es soll Fragen aufwerfen und verstören und Friedrich Ani verstärkt diese Wirkung durch die Sprache und den Aufbau seines Buches.
Leider bin ich der Meinung, dass das Buch von vielen Lesern mit falschen Erwartungshaltungen gegenüber der Geschichte gelesen wird, da die Platzierung im Jugendbuchbereich und der Klappentext eine Geschichte suggerieren, die hier nicht zu finden ist. Nach dem Klappentext erwartet man etwas ältere Jugendliche und mehr Spannung, nicht die teilweise noch kindlichen Charaktere und diese Hilflosigkeit und das kaum in Worte zu fassende Grauen dem man standhalten muss, auch noch nachdem man den Deckel über der letzten Seite geschlossen hat.

Der elektrische Schmetterling flog aus dem Haus und kehrte nie mehr zurück. (S.261)

Redakteur: Sabrina Best

Kurzbeschreibung:
Eine Insel. Ein Haus. Ein Keller. Fünf Jugendliche, die mit Gewalt darin festgehalten werden. Kein Tageslicht. Und täglich wird einer von ihnen nach oben geholt. Doch niemand spricht über das, was dort geschieht. Denn wer spricht, stirbt, bekommen sie gesagt. Die Lage scheint aussichtslos, und Angst, Wut, Schmerz, Verzweiflung und Sehnsucht lassen die Jugendlichen beinahe verrückt werden. Doch nichts kann sie retten vor den schrecklichen Dingen, die geschehen. Bis ein neuer Junge zu ihnen gebracht wird, der nicht bereit ist, die Gewalt zu akzeptieren.

Meine Meinung:
Die Aufmachung und der Klappentext vom Buch sind super und sehr vielversprechend. Was meiner Meinung nach aber im Buch nicht gehalten wird. Auch sollte das FSK 16 hervorgehoben werden. Für schwache Nerven oder jüngeres Publikum finde ich das Buch wirklich nicht geeignet.
Da das Buch in drei Akten geschrieben wurde, werde ich meine Meinung daran anlegen.

1 Akt:
Ohne große Umschweife wird man in die Geschichte rein geworfen.
Ich hatte hier Schwierigkeiten, der Handlung zu folgen. Es wurde ständig zwischen Personen und Handlungen geswitcht, sodass ich einen sehr holprigen Start hatte. Eigentlich beginne ich gerne direkt mitten drin, aber hier war es nur verwirrend.
Was wirklich geschieht in diesem Teil, wird nicht schriftlich fest gehalten. Andeutungen werden immer wieder gemacht und das Verhalten der Kinder spricht Bände. Das die Kinder von Erwachsenen im Keller gefangen gehalten werden und jeder immer mal wieder nach oben geholt wird. Alles andere passiert im Kopf und diesem lässt man gedanklich dann freien Lauf. Auch sind die Kinder in diesem Buch sehr jung. Zwischen 10 und der Älteste ist 16. Ich habe alle um die 16 angedacht, bevor ich das Alter dann im Buch gelesen habe.

2 Akt:
Diesen Akt fand ich einfach in die Länge gezogen.
Jeder im Keller hat Selbstmordgedanken. Ein Neuer kommt hinzu, Noah. Er soll das Vorzeigekind sein und die anderen belehren, wie sie werden sollen. Noah ist merkwürdig, er wirkt aggressiv und bedrohlich und möchte mit den anderen auch Anfangs nichts zu tun haben. Später möchte er integriert werden.
Jeder erzählt nach und nach eine Geschichte. Jede Geschichte ist mit einem Hauch persönlichem von dem Erzähler signiert, außer bei Noah. Der erzählt seine persönliche Geschichte, was die “oben” nicht gut finden und ihre Konsequenz daraus ziehen. Diesen Abschnitt fand ich sehr schwach. Die Geschichten jedes Einzelnen waren sehr lang. Dadurch habe ich ein bisschen den Zusammenhang und den roten Faden im Buch verloren. Ich konnte nun nicht so ganz verstehen, warum jeder so lange Geschichte erzählt. Die, außer für einen, keine Konsequenz oder Schlussfolgerung folgen lies. Leider hat dadurch die Spannung gelitten.

3 Akt:
Jedes der Kinder hat durch seine Geschichte im Keller eine Brutalität entwickelt, die ich nun so nicht erwartet hätte.
Hier hat der Autor den Bogen wieder gut gespannt. Die Spannung war da, ein unvorhergesehenes Ende.
Leider hat mir aber ein bisschen die Aufklärung und die Hintergründe für verschiedenes gefehlt.

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