Redakteur: Anette Leister
Autor: Waldtraut Lewin
Verlag: cbj
Reihe: -/-
empfohlenes Lesealter: ab 12 Jahren
Ausführung: Hardcover, 224 Seiten
Waldtraut Lewin, geboren 1937, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft in Berlin und arbeitete als Opernübersetzerin, Dramaturgin und Regisseurin zunächst am Landestheater Halle und dann am Volkstheater Rostock. Seit 1978 arbeitet sie als freischaffende Autorin von Romanen, Hörspielen und Drehbüchern, für die sie zahlreiche Auszeichnungen erhielt.
WENN DU JETZT BEI MIR WÄRST
In ihrem neuen Roman zeichnet Waldtraut Lewin ein utopisches Szenario was wäre… „Wenn du jetzt bei mir wärst“, und meint damit die Anfang März 1945 verstorbene Anne Frank, die durch ihr Tagebuch berühmt wurde.
Das „was wäre wenn“ ändert sich schon sehr bald in ein „ich bin bei dir“, durch den Besuch des Anne-Frank-Hauses gelingt es Waldtraut Lewin Anne zu rufen und zum Leben zu wecken. Äußerlich der aufgeweckte Teenager, vom Kopf und den Erfahrungen eine alte Frau, einerseits greifbar, andererseits wie Luft, wenn sich eine Gefahr anbahnt, der Anne nicht schnell genug ausweichen kann.
Es ist eine etwas mystische und zauberhafte Annäherung an den Menschen Anne Frank, den so viele von uns nur aus ihren Tagebuch kennen oder durch Zeugenberichten aus zweiter Hand.
Es macht glücklich, wie befreit Anne nun durch die Straßen Amsterdams laufen kann, ohne eine Kennezeichnung an ihrer Jacke tragen zu müssen, damit jeder sie als Jüdin erkennt. Im Heute ist sie einfach eine von vielen in der Stadt.
Die Glücksgefühle geraten jedoch bald wieder ins Wanken, wenn Waldtraut Anne erzählt, wie es den Juden nach dem Krieg ergangen ist, wie sie oftmals erfolglos für ihr geraubtes Eigentum oder einen eigenen Staat kämpfen mussten.
„Haben nicht alle Gegner der Deutschen für Wahrheit und Recht gekämpft? Warum werden die Juden dann immer weiter gequält?“
„Anne“, sage ich hart und unterdrücke meine Empfindungen, „diese Retter und Befreier – sie haben gegen Hitler gekämpft. Sie haben nicht für die Juden gekämpft.“ (S.70)
Nach Amsterdam möchte Anne auch ihre Geburtsstadt Frankfurt und das Reich der Juden, Israel, sehen. Auch hier kommt sie immer wieder in Berührung mit Schändungen, Verunglimpfungen und in den schlimmsten Fällen Krieg. Trotzdem entscheidet sich Anne am Ende für etwas, wofür Waldtraut Lewin das Verständnis fehlt. Aber die junge Anne hatte bereits ihren eigenen Kopf, wieso sollte es 70 Jahre später anders sein?
Mit „Wenn du jetzt bei mir wärst“ stellt die Autorin ein ungewöhnliches Szenario in Zeit und Raum, das auf jeden Fall für alle, die Anne Franks Tagebuch kennen, interessant zu lesen ist. Man erfährt zudem hier nicht nur über die Situation der Juden während des Krieges, sondern vor allem, wie es ihnen nach dem Krieg erging. Einzig das manche Situationen für Anne und Waldtraut zu glatt ablaufen – wie die Einreise nach Israel mit einem gefälschten Ausweis – und den Raum, den die Reise nach und durch Israel gegenüber dem Rest des Buches einnimmt, haben mir nicht völlig zugesagt.
Bis auf diese beiden Kritikpünktchen bin ich sehr begeistert auf diesen ungewöhnlichen Blick zurück auf den Holocaust gestoßen zu sein.
Redakteur: Natalie Burger
Jedes Jahr besuchen viele Touristen das Anne Frank Haus in der Prinsengracht in Amsterdam. Manche schauen interessiert, manche sind nur neugierig wie das berühmte Mädchen im Krieg gelebt hat. Waldtraut Lewin entführt dieses Mädchen in die heutige Welt und zeigt ihr was nach dem Krieg passiert ist.
Meine Meinung:
Dieses Jahr jährt sich der Todestag von Anne Frank zum 70. Mal. Grund genug ein Buch raus zu bringen was sich mit der Person Anne Frank beschäftigt. Ich war ganz berührt von dem Anne Frank Buch, als ich es als 15 Jährige gelesen habe. Durch meine Abschlussfahrt konnte auch ich die Prinsengracht in Amsterdam besuchen. So kam mir Anne Frank noch näher. Natürlich wollte ich dann eine fiktive Geschichte lesen, die von Anne Frank in der Gegenwart erzählt. Doch ich bekam etwas ganz anderes als ich erwartet habe.
So ist das manchmal mit den Erwartungen. Waldtraut Lewin erzählt von Anne Frank in der Gegenwart. Sie ist zwar 85 Jahre alt, aber sieht noch aus wie die junge Anne Frank. Das macht die Reise der Beiden nicht einfacher. Ganz davon abgesehen das Anne Frank ja tot ist.
Der Stil wie die Autorin diese Geschichte erzählt vermag es nicht mich zu fesseln. Es war für mich oberflächlich und zu wenig Gefühl. man merkt die Begeisterung für das jüdische Mädchen, aber nicht so sehr das diese ansteckend ist. Dazu kamen einige Logikfehler, die mir wirklich zu schaffen machten. Klar lebt Anne Frank nicht mehr, aber manches nahm dieser, ich sage mal, Geist einfach zu sehr als gegeben hin. Es fehlte mir das nur logische staunen über Neuerungen und das von Beginn an. Dazu kam das sie sich mit anderen Menschen trifft und die gar nicht komisch finden das sie zum Beispiel einen Pass möchte in dem das Geburtsjahr 1929 steht, das sie es durch Tricks schafft nach Israel zu Reisen und vieles mehr. Sicher ist diese Geschichte fiktiv und man muss sich die Wahrheit etwas zurecht biegen um sie so schreiben zu können, doch ich hätte an manchen Stellen eine Nicht-Erwähnung besser gefunden.
Meine trotzdem nicht ganz schlechte Bewertung resultiert daraus das es ein interessantes Experiment war und ich mich gefreut habe mal wieder etwas von Anne Frank zu lesen.
Interessantes Cover. Leider passt das so gar nicht in meinen Lesegeschmack rein. Aber dennoch, gute Rezension!
Liebste Gruesse,
Nazurka