Rezension

[REZENSION] Mein Weg aus unsichtbarer Tinte

Redakteur: Anette Leister

Titel: Mein Weg aus unsichtbarer Tinte (OT: The Way to Bea)
Autor: Kat Yeh
Übersetzer: Sandra Knuffinke, Jessika Komina

Verlag: Magellan
Reihe: -/-
empfohlenes Lesealter: ab 11 Jahren
Ausführung: Hardcover, 288 Seiten
Autor:
Bevor Kat Yeh anfing, Kinderbücher zu schreiben, hat sie viele Jahre für eine große Werbeagentur gearbeitet. Heute lebt sie in einem kleinen Ort in Long Island, in einem Haus ganz nah am Wasser.

 

MEIN WEG AUS UNSICHTBARER TINTE

 

Nachdem mir Kat Yehs Debüt im deutschsprachigen Raum “Kirschen im Schnee” auch nach Jahren noch als wunderschön und beeindruckend im Gedächtnis geblieben ist, war für mich klar, dass ich unbesehen auch ihr neues Buch “Mein Weg aus unsichtbarer Tinte” lesen muss. Meine Erwartungen waren hoch, wurden aber in keiner Weise enttäuscht.

Beatrix ist in meinen Augen eine sehr beeindruckende 11jährige. Ihre Eltern sind beide Künstler und sie selbst nicht minder ein kreativer Kopf, der es liebt seine Gefühle in Gedichten, bevorzugt Haikus, auszudrücken. Sie verliert nie ein Wort zu viel, trägt aber dennoch ihr Inneres nach Außen, indem sie beim Erspinnen ihrer Gedichte die Worte mit dem Finger in die Luft malt, bevor sie sie zu Papier bringt, ihre Stimmung tanzt und ihre Gefühle am liebsten mit einer Playlist untermalt. Sie ist spontan und lebensfroh, doch leider ist das eine Art, die kurz vor oder während der Pubertät nicht gut ankommt.
Man wirkt “komisch” und “anders”, wenn man sich nicht der Masse anschließt, und so kommt es, wie es kommen muss: ihre beste Freundin S und L und L, die zwei anderen Mädels aus ihrer Clique lassen Beatrix links liegen, verleugnen sie sogar gegenüber ihrer neuen Freundin A, weil sie ihnen peinlich ist.

Ich wünschte, ich könnte mich selbst mit Zitronensaft und drei Tropfen Wasser übergießen, um auf der Stelle zu verschwinden. (S. 72)

Nun ist es schwierig für Beatrix weiter zu sich selbst zu stehen, da nicht mal ihre Eltern Zeit für sie haben, kurz vor der Entbindung ihrer kleinen Schwester. Zum Glück findet sie in der Schulredaktion neue Bekannte, die wie sie Freigeister sind und nicht in der Masse der anderen Schüler untergehen.
Lange hatte ich mich gefragt, warum Kat Yeh Beatrix früheren Freundeskreis nur mit den Anfangsbuchstaben betitelt und man die Namen erst am Ende des Buches erfährt. Im Nachhinein denke ich, weil S und L und L und A einfach keine Individuen waren, sie sind in der Masse untergegangen und wären beliebig austauschbar gewesen im Gegensatz zu Will oder Briggs, die sie in der Redaktion kennenlernt.
Neben Beatrix, ihren Eltern und zwei ihrer Lehrer, sind es vor allem Will und Briggs, die die Geschichte so interessant und lesenswert machen. Beide sind auf ihre Art genau wie Beatrix anders, wobei Will eine Andersartigkeit an den Tag legt, für die er sich nicht entschieden hat, sondern die ihm auferlegt ist. Aber um zu erfahren, was genau hinter dem Jungen mit der Leidenschaft für Labyrinthe und Listen steckt, dafür muss man die Geschichte schon selbst erlesen.

Zu guter letzt gibt es noch eine weitere Figur in “Mein Weg aus unsichtbarer Tinte”, die in erster Linie dafür verantwortlich war, warum ich das Buch in einem Rutsch verschlungen habe:
Beatrix versteckt sich, weil sie sich einerseits nicht verbiegen lassen, andererseits aber auch nicht mit “peinlichem” Verhalten auffallen möchte. So schreibt sie ihre Gedichte neuerdings mit unsichtbarer Tinte auf kleine Zettel und verbirgt diese in einer Mauerspalte. Eines Tages jedoch erhält sie Antwort auf ihre innersten Gedanken und dieser Fremde versteht sie tatsächlich! Nur um wen handelt es sich bei der geheimnisvollen Person, mit dem sie nun einen Schriftwechsel führt?

Nicht nur durch sich selbst, sondern vor allem über ihre neuen Freunde lernt sich Beatrix ganz neu kennen und lernt zu schätzen, wie wichtig Vertrauen ist und sich auf jemanden verlassen zu können. Irgendwann hat sie dann die Größe zu sich selbst zu stehen und nicht mehr unsichtbar sein zu wollen.

Man lernt so viel aus “Mein Weg aus unsichtbarer Tinte”: wie wichtig zuhören ist, dass es sich lohnt, man selbst zu sein und sich nicht verbiegen zu lassen, das Anderssein nicht immer auf freier Wahl beruht, dass man den Wert von Menschen nicht immer auf den ersten Blick erkennt, und das man nur wirklich glücklich sein kann, wenn man zu sich selbst steht!
Ich denke, dann findet man auch ganz von selbst neue Freunde. Selbst wenn es ein schwieriger Prozess ist, es ist ganz normal, dass man alte Freunde ziehen lassen muss, wenn man sich selbst verändert oder alte Freunde sich verändern.

Kat Yeh hat mit Beas Geschichte dazu eine wirklich einfühlsames, ruhiges, aber tiefgehendes Buch geschaffen, das nicht nur für das empfohlene Lesealter, sondern auch für ältere Jugendliche und Erwachsene geeignet ist, und sei es nur, um sich daran zu erinnern, wie es bei uns selbst in diesem Alter war.

Egal, wie verzwickt die Situation sein mag, man hat immer selbst ein Streichholz dabei – man muss nicht darauf warten, dass jemand anders es mitbringt.
Aber manchmal hilft es. (S. 282)

 

 

MUSS ICH HABEN!

 

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2 thoughts on “[REZENSION] Mein Weg aus unsichtbarer Tinte

  1. Ich hab das Buch ebenfalls gelesen und fand es hervorragend. Mir ist die Bonuspunktebombe mit dem perfekten Irrgarten im Sinn geblieben, leider finde ich absolut nicht mehr die Stelle als diese aufgelöst wird, klar am Schluss praktisch aber irgendwo stand es doch auch theoretisch?

    1. Ja, ich erinnere mich, leider bin ich da aber auch ganz schlecht drin mir zu merken, an welchen Stellen genau solche Sachen im Buch vorkamen :D
      Kennst du das erste auf Deutsch erschienene Buch von Kat Yeh, “Kirschen im Schnee”? Das ist meiner Meinung nach sogar noch besser! Leider nur noch gebraucht erhältlich.
      LG Anette

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