Interview

[INTERVIEW] Farina Eden

Redakteur: Kerstin Caywood

 

1977 in Berlin geboren, entdeckte Farina Eden bereits als Kind ihre Begeisterung für Bücher und begann früh mit dem Schreiben. Nach Schule und Abitur fand sie einen Weg, die Leidenschaft fürs Schreiben mit ihrem Beruf zu verbinden. Sie studierte Deutsch und Englisch und unterrichtet heute an einer Realschule in Baden-Württemberg, wo sie gemeinsam mit Mann und Tochter lebt. 2015 entdeckte sie ein weiteres Hobby, dem sie sich seither mit Begeisterung widmet: Sie lernt Schlagzeug spielen. Kreativität kennt keine Grenzen. Genau das ist der Grund, warum sich die Autorin bisher weder auf ein Genre noch auf eine Zielgruppe festlegen wollte. Historischer Roman, Kinderbuch, Jugendbuch, Krimi oder Kurzgeschichten – die Autorin schreibt nieder, was sie nicht mehr loslässt. Der dystopisch-geologische Jugendroman „Panterra Nova“ ist nach dem historischen Roman „Zigeunermädchen“ der zweite Verlagsroman der Autorin.

 

 
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ebook:

 

Liebe Farina, vielen Dank, dass du dich meinen Fragen zur Verfügung stellst.

Am 17.8. erscheint dein Trilogie Auftakt „Panterra Nova – die Suche“ auch als Print.
In der Dystopie geht es um sogenannte Wunschdenker, die andere durch ihre Gedanken beeinflussen können. Wie kamst Du auf die Idee zu der Geschichte?

Erstmal danke ich euch ganz herzlich, dass ihr euch Zeit für meine Geschichte und mich nehmt!!!
Die Idee kam mir nach einem gemütlichen Fernsehabend mit meinem Mann. Ich bin selbst Fan von Dystopien. An diesem Abend haben wir „In time – Deine Zeit läuft ab“ mit Amanda Seyfried und Justin Timberlake angeschaut. Von der Filmidee war ich total begeistert. Der Gedanke dahinter ist so schlicht wie genial: Deine Zeit ist endlich. Ist sie vorüber, stirbst du. Punkt. Mehr ist es ja eigentlich nicht.
Da stand ich also beim Zähneputzen und dachte: Die Idee der ablaufenden Zeit ist nicht außergewöhnlich und auch nicht neu. Aber die konsequente Umsetzung bringt die Spannung. Und dann kam ich auf „Was wäre, wenn Wünsche in Erfüllung gehen würden?“ Auch nicht neu, sondern ein uraltes Märchenmotiv. Die Grundidee meiner Wunschdenker war also geboren und musste dann natürlich noch reifen.
Beim „world-building“ meiner dystopischen Welt wollte ich etwas Neues ausprobieren. Der Leser sollte keine vorgefertigte Welt präsentiert bekommen (wie bspw. die 12 Distrikte in den Tributen von Panem), sondern die Entstehung dieser Welt beim Lesen miterleben. Und ich wollte unbedingt einen anderen Grund für diese dystopische Welt, als das klassische „es gab da vor Jahren einen großen Krieg“. Darum habe ich mich auf geologische Katastrophen gestürzt, die ja zudem als Bedrohung auch sehr real sind.

 

Wenn es in unserer Welt Wunschdenker gäbe, denkst du diese Fähigkeit würde eher ausgenutzt oder zu Gunsten der Menschheit genutzt werden?

So gern ich antworten würde: Die Welt würde ein besserer Ort werden… Ich glaube, es ist realistischer, dass man mit so einer Macht erstmal richtig durchdreht. Du bist verknallt und sie ist unerreichbar? – Jetzt nicht mehr! Großartig! Du brauchst einen Kredit für was auch immer und deine Bank will nicht wie du? – Das ändern wir mal eben! Lehrer gehen dir auf die Nerven? – Dann wünsche ich sie mir eben so, wie ich sie gerade brauche! Und wenn sich der erste Zauber dann mal legt, wird es sein, wie überall: Einige würden die Gabe positiv einsetzen, andere nur, um selbst voranzukommen.

 

Wie siehst du den ethischen Aspekt einer solchen Beeinflussung auch wenn sie ggf. „gut“ für die Menschheit wäre?

Schwierige Frage. Sicher, auf dem ersten Blick wäre so eine Gabe in den richtigen Händen hilfreich. Aber welche Hände sind richtig? Was einer gut findet, will ein anderer ja noch lange nicht. Und wo hört das dann auf? Und kann ein Wunschdenker zwischen egoistischen Wünschen und „Weltverbesserer-Wünschen“ überhaupt noch trennen? Vermutlich verschwimmt das alles. Ähnlich wie bei Andreas Autenburg…

 

Ein anderer sehr wichtiger Aspekt des Buches ist es eine Welt ohne moderne Technik zu erschaffen, um im Einklang mit der Natur zu leben.
Wie wichtig findest du persönlich den Schritt zurück zur Natur?

Sehr wichtig. Das soll nicht heißen, dass ich technischen Fortschritt nicht auch zu schätzen weiß, vor allem, wenn es um medizinische Dinge geht. Aber im alltäglichen Leben stimmt für mich die Balance nicht mehr. Hand aufs Herz: Wann habt ihr euch das letzte Mal eine tolle Umgebung angeschaut und einfach nur mit den Augen aufgenommen, ohne gleich daran zu denken, dass das doch ein großartiges Bild fürs eigene Profil wäre – auf welcher Plattform auch immer? Genießen ohne auf den social-media-Kanälen damit anzugeben, scheint heute fast unmöglich zu sein. Diese Entwicklung ist in meinen Augen völlig absurd. Ganz ehrlich: In diesem Punkt muss ich Andreas Autenburg Recht geben.

 

Könntest du ohne weiteres auf die modernen Medien verzichten?
Wir wichtig sind dir Technik wie z.b. Handy, Internet etc.

Tja – und mit dieser Frage habt ihr mich natürlich. Ein MEO-Phone, das nur telefonieren kann und sonst nix? Puh – das erscheint heute schon vorsintflutlich, oder? Ehrliche Antwort: Nein. Ich könnte weder auf moderne Medien noch auf moderne Technik verzichten. Bleiben wir doch mal beim Schreiben von Geschichten. Ohne Technik hieße das ja, mit dem Stift loszulegen. Klingt toll – so romantisch verklärt, oder? Autorin sitzt einsam vor einem leeren Blatt, kaut am Bleistift und legt dann los. Ganz ehrlich: Auf diese Weise hätte ich bis heute noch kein Manuskript fertiggeschrieben. Und auf moderne Medien verzichten? Das hätte zur Folge, dass kein Mensch meine Bücher kennen würde, richtig? Damit ist die Frage dann wohl auch beantwortet… 😊

 

Du bist Lehrerin.
Wie reagieren deine Schüler darauf, dass du auch als Autorin arbeitest? Haben sie vielleicht sogar schon eine deiner Geschichten gelesen?

Schöne Frage 😉 Meine Schüler sind durchweg begeistert. Bei der Verlagssuche bspw. haben sie mitgelitten und sich mit mir gefreut, als dann endlich klar war, dass meine Geschichten tatsächlich gedruckt werden. Ich musste auch schon einige Bücher signieren. Bei „Panterra Nova“ war eine Klasse von mir sogar „Test-Publikum“. Ihre Begeisterung nach den ersten zwei Kapiteln war für mich auch ein Grund, trotz Rückschlägen dranzubleiben.

 

Mir persönlich hat es gut gefallen, dass dein Protagonist sich wie ein typischer 17jähriger verhält und nicht, wie Protagonisten oftmals in Büchern, über eine 30jährige Lebenserfahrung zu verfügen scheint.
Glaubst du dir hat dein Beruf hierbei geholfen?

Dankeschön! Ja, da hilft mir das Lehrer-Dasein tatsächlich, denn ich denke häufig auch an meine Schüler und überlege: Wie würden sie sich in so einer Situation verhalten? Wie reden sie bspw. miteinander? – Antwort: Höfliche Gespräche können sie – wenn sie denn wollen. Oder: Wie verhalten sie sich, wenn sie verliebt sind? – Auch wenn andere Bücher den Eindruck erwecken: Nein, 17jährige Jungs reden nicht gleich von „Seelenverwandtschaft“, wenn sie verliebt sind. (Mädchen übrigens auch nicht.) Sie verknallen sich heftig – ja. Mit Herzschmerz – ja. Aber oft auch kurz. Sie machen Fehler, probieren sich aus. Um es gleich vorwegzunehmen: Ich habe meinem Chris Zeit gegeben, sich zu entwickeln. Wer einen romantischen, selbstlosen Helden erwartet, den wird meine Geschichte eher enttäuschen. Chris ist rotzig, trägt seine Emotionen nicht zur Schau und kotzt (im wahrsten Sinne des Wortes) seine Emotionen lieber aus sich heraus, als sie in Worte zu fassen.
Ich finde auch, dass Charakteren heute manchmal Ecken und Kanten fehlen. Der Held / die Heldein soll sich ganz schnell in die Aufgabe hineinfinden, aus Fehlern lernen und dann bitteschön auch alles ganz großartig und richtig machen. Welcher Teenager hat denn darauf Bock? Ich kenne keinen. Die machen einfach mal aus Prinzip das Gegenteil von dem, was sie sollen. Warum? Um zu schauen, wo das hinführt.

 

Die Welt der Wunschdenker kam im ersten Teil von Panterra Nova in meinen Augen ein bisschen zu kurz. Dürfen wir in Band 2 mit einer detaillierteren Ausarbeitung rechnen?

Das stimmt. So wie Chris in diese Welt „hineinstolpert“, lasse ich auch den Leser in diese Geschichte stolpern, ohne allzu viel zu erklären. Teil 2 wird da natürlich noch einiges an Vergangenheit aufdecken.

 

Ich weiß, du hast noch einige Projekte geplant. Kannst du uns dazu schon etwas sagen?

Aber klar. Im Moment schreibe ich am 3. und letzten Teil von „Panterra Nova“. Außerdem wage ich mich, nach historischem Roman, Kinderbuch und Dystopie, wiedermal auf neues Terrain: 2019 wird es zwei Liebesromane von mir geben. Einer ist bereits geschrieben und derzeit im Lektorat, der andere entsteht gerade in meinem Kopf.
Sind diese Manuskripte fertig, möchte ich mich wieder an einem historischen Stoff versuchen. Wie schon beim „Zigeunermädchen“ wird es auch dabei wieder um eine Gruppe von Menschen gehen, die alles andere als vom Glück verwöhnt war (und ist) und die in den Büchern bisher viel zu kurz kommt.

 

Vielen Dank für das Interview Farina!

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5 thoughts on “[INTERVIEW] Farina Eden

  1. Hallo und guten Tag,

    dann erst einmal herzlichen Dank für das geführte Interview.
    Ja den Film mit Justin Timberlake habe ich mir auch schon desöfteren im TV angeschaut.
    Und ich finde, die Idee einfach nur erschreckend und zerstörend, wenn sich plötzlich alles nur noch von der Zeit abhängt….

    LG..Karin…

  2. Hallo und guten Tag,

    O.K. da es auch ein Buchgewinnspiel zum Autoren/Roman nun gibt.
    Versuche ich gerne mein Glück und die Idee eines Wunschdenker halte ich durchaus für ein gefährliche Sache.
    Denn was ist wenn der Wunschdenker möglicherweise seinen, schlechten Tag hat und z.B. anfängt seine Mitmenschen mit kleinen Streichen zu beglücken. Das kann doch schnell ins Auge gehen……

    Oder vielleicht wird eine Situation nach dem Eingreifen des Wunschdenkers gar nicht so toll, wie jeder gedacht hat….in so einer Sache/Berufung liegt für meinen Geschmack viel Risiko, aber auch sicherlich viel Glück, wenn es denn gut ausgeht und alles passt!

    Gefährlich, aber sicherlich auch toll!!

    LG..Karin..

  3. Danke für den Beitrag und das tolle Gewinnspiel :) Ich finde den Gedanken dass es Wunschdenker gibt, ehrlich gesagt ein wenig beängstigend. Ich denke nämlich, dass es viele Menschen geben würde, die so eine Gabe ohne Rücksicht auf Verluste ausnutzen würden. Sicherlich gibt es aber auch Wunschdenker mit guten Absichten, denen ich eine solche Gabe dann gönnen würde! So, und nun hoffe ich auf mein Glück.

  4. Hallo,

    ich finde das Konzept mit den „Wunschdenkern“ sehr interessant, aber auch sehr gruselig. Die Gefahren die sich aus den Wunschdenken ergeben könnten unüberschaubar werden…

  5. Hallo,
    ich finde das Wunschdenken auch sehr interessant aber auch fürchteinflößend.
    Es ist schon was anderen, wenn man ein Wunschdenken hat und es dann auch in Erfüllung geht. Es kann böses erwecken und wenn ich daran denke, dass alle Wünsche in meinem Kopf wahr werden – ist das mehr als gruselig.
    Denn es gibt ja auch Wuschdenken, was durch eine Gefühlslage heraus entsteht und diese können dann auch schon mal negativ ausfallen, besonders, wenn man sich über jemanden oder etwas geärgert hat.
    Ich finde es sollten lieber Wünsche bleiben.
    Danke dir für die Chance auf das Buch und das Interview. Ihr habt mich damit sehr neugierig auf das Buch gemacht und es wandert direkt auf meine WL.

    Liebe Grüße
    Kati

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