Rezension

[REZENSION] Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe

Redakteur: Anette Leister

Titel: Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe
Autor: Michael Ende, Wieland Freund
Illustrator: Regina Kehn

Verlag: Thienemann
Reihe: -/-
empfohlenes Lesealter: ab 6 Jahren

Ausführung: Hardcover, 208 Seiten

Autor:
Michael Ende (1929-1995) zählt zu den bekanntesten und vielseitigsten deutschen Schriftstellern. Neben Kinder- und Jugendbüchern schrieb er poetische Bilderbuchtexte, Bücher für Erwachsene, Theaterstücke und Gedichte. Viele seiner Bücher wurden verfilmt oder für Funk und Fernsehen bearbeitet. Sie wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt und haben eine Gesamtauflage von über 35 Millionen Exemplaren erreicht.

Wieland Freund ist mit der Unendlichen Geschichte aufgewachsen und Michael Ende bis heute treu geblieben. Der Romanautor wurde für seine Kinderbücher mehrfach ausgezeichnet und 2018 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.

Illustrator:
Regina Kehn, 1962 geboren, wuchs mit Jim Knopf und der Wilden 13 auf. Nach dem Studium der Illustration an der HAW Hamburg begann sie, als freie Illustratorin zu arbeiten und wurde seither vielfach ausgezeichnet. Sie illustrierte bereits mehrere Werke von Michael Ende, darunter „Der lange Weg nach Santa Cruz“ (nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis). 2016 erhielt sie für ihre Illustrationen in dem Kinderbuch „Freunde der Nacht“ den Rattenfänger-Literaturpreis.

 

RODRIGO RAUBEIN UND KNIRPS, SEIN KNAPPE

 

„Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe“ ist aus einem Romanfragment entstanden, welches ursprünglich in „Der Niemandsgarten – Aus dem Nachlass“ erschienen ist. Kapitel 1-3 stammen von Michael Ende, mit Kapitel 4-16 hat Wieland Freund nun nach über zwanzig Jahren die Geschichte zu Ende erzählt. Die Illustrationen stammen von Regina Kehn, die das Buch für mich endgültig zu einem wahren „Michael Ende“ vervollständigen, denn Regina Kehn hat bereits Werke wie „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ oder „Der lange Weg nach Santa Cruz“ illustriert.

Als Sohn eines Puppenspielerehepaars zieht der kleine Knirps mit einem bunten Wagen, gezogen von drei Eseln, durch die Lande. Sein Traum ist es jedoch ein berühmter Raubritter zu werden, also büxt er seinen Eltern heimlich aus und macht sich auf den Weg, um bei dem berüchtigten Rodrigo Raubein in die Lehre zu gehen. Dessen Ruf als gefährlicher Räuber ist weit verbreitet, so dass sich keiner in die Nähe seiner Burg traut, zumal im Umkreis der Burg zahlreiche Grabsteine und Skelette bezeugen, welche Missetaten Rodrigo Raubein in der Vergangenheit schon begangen hat. Doch Knirps kennt keine Angst!

Parallel verfolgt der Leser in den ersten Kapitel der Geschichte zum einen Knirps Weg zur Raubritterburg und sein erstes Aufeinandertreffen mit Rodrigo Raubein, der ein Geheimnis verbirgt, welches die ganze Geschichte auf den Kopf stellt. Zum anderen erlebt er, wie Knirps‘ Eltern gemeinsam mit ihrem sprechenden Papagei Sokrates nach ihrem Sohn suchen. Im Gegensatz zu ihrem Sohn sind Mama und Papa Dick kein bisschen abenteuerlustig und recht einfach gestrickt. Da ist der Papagei schon ein helleres Köpfchen, der nach ergebnisloser Suche mit Hilfe eines Buches versucht dem Abenteuer von Knirps auf die Spur zu kommen, damit sich ihre Wege an einem späteren Punkt der Geschichte kreuzen.

„Aber wie kann Knirps‘ Geschichte in diesem Buch stehen, wenn sie doch gerade erst geschieht?“, wollte Rodrigo Raubein wissen.
„Geschichten ähneln sich“, antwortete darauf der altkluge Papagei. „Und sie ähneln dem, was in Wirklichkeit geschieht.“ (S.84)

Dieser erzählerische Kniff Endes macht viel Spaß und übt selbst auf bereits erwachsene Leser einen Reiz aus.
Der schlaue Sokrates scheint damit tatsächlich den richtigen Weg zu verfolgen, doch selbst einem schlauen Vogel verlaufen Fehler, und so nimmt die Geschichte mehr als einmal eine unvorhergesehen Wendung. Wenn man ein Auge auf den offensichtlichen Täter eines Falls hat, so kann es passieren, dass einem entgeht, dass der eigentliche Bösewicht ein ganz anderer ist!
Seit dabei, wenn sich der Vorhang des Theaters hebt und ein überraschendes Spiel beginnt, bei dem ein eigentümlicher Raubritter, ein goldgieriger Drache, ein düsterer Bösewicht, ein melancholischer König, sowie eine entführte Prinzessin eine Rolle spielen, und sich nicht immer alles so entwickelt, wie man es von einem Märchen erwarten würde.

Für mich ist „Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe“ ein richtiger „Michael Ende“, obwohl er selbst diese Geschichte vor seinem Tod nicht mehr zu Ende erzählen konnte. Wieland Freund hat jedoch großartige Arbeit geleistet und es entsteht zwischen den ersten drei von Michael Ende geschriebenen Kapiteln, sowie dem Rest der Geschichte, kein Bruch. Sowohl sprachlich als auch erzählerisch ist das Buch ein Gesamtwerk, dem man einen Wechsel des Autors nicht anmerkt.
Die Geschichte ist opulent und großzügig illustriert, so dass bereits Erstleser großen Spaß damit haben und auch das Vorlesen viel Freude bereitet. Auf den Vorsatzseiten findet man die Darsteller der Geschichte, von den beiden namensgebenden Titelfiguren bis hin zu den drei Eseln wurde dabei an alle Charaktere gedacht. Jeden Kapitelanfang schmückt eine Illustration, des Weiteren sind zahlreiche seitenfüllende Bilder im Buch enthalten.

Wie eigentlich alle seiner Geschichten, hat Michael Ende mit „Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe“ eine sehr fantasievolle, aber auch hintergründige Erzählung geschaffen.
Zum einen ist da diese grandiose Idee mit Sokrates, der mit Hilfe eines Märchenbuchs versucht Knirps aufzuspüren, vor allem ist es aber die Erkenntnis, dass nicht jeder mit dem Leben glücklich wird, in das er hineingeboren wird, und dass manchmal Mut dazu gehört aus bereits ausgetretenen Pfaden auszubrechen und neue zu beschreiten.
Daneben bereitet es viel Spaß aufzuspüren, welche Klischees Michael Ende aufs Korn nimmt. In Knirps habe ich zum Teil den einen, der auszog das Fürchten zu lernen, wiedererkannt, denn wie dieser ist Knirps zunächst ebenfalls furchtlos und lernt im Laufe der Geschichte Angst kennen. Außerdem bricht er mit gängigen Bildern, die man beispielsweise von Raubrittern oder Prinzessinen hat.

„Rodrigo Raubein und Knrips, sein Knappe“ ist ein fantasievoller und märchenhafter (Vor-)Lesespaß für kleine und große Michael Ende Fans und solche, die es noch werden wollen.
Knirps Geschichte ist bunt, abenteuerlich, witzig und einfallsreich und für die eine oder andere Überraschung gut, die man so nicht erwartet hätte! Aber wer soll es einem verdenken, wenn nicht einmal Sokrates das Ende hervorsehen konnte ;)

 

 
MUSS ICH HABEN!

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