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[REZENSION] Als Opapi das Denken vergaß

Redakteur: Julia Ehrenberg (03.09.2014)

Titel: Als Opapi das Denken vergaß
Autor: Uticha Marmon
Verlag: Magellan
Reihe: -/-
empfohlenes Lesealter: ab 9 Jahren
Ausführung: Hardcover, 160 Seiten

Autor:
Uticha Marmon, geboren 1979, studierte Dramaturgie, Literaturwissenschaft und Pädagogik in Mainz, Wien und München. Sie arbeitete als Theater-Dramaturgin und war einige Jahre als Lektorin und Regisseurin bei einem Hörbuchverlag tätig, ehe sie sich als Autorin und Lektorin selbstständig machte. Uticha Marmon lebt in Hamburg.

ALS OPAPI DAS DENKEN VERGASS

Opapi, Mias Uropa, wird immer vergesslicher. Deswegen haben Mias Eltern beschlossen, ihn zu sich zu holen. Opapi zieht von Lindau nach Hamburg. Mia freut sich, dass ihr Opapi jetzt dicht bei ihr ist. Aber schnell merkt sie auch, dass er sich verändert hat. Immer öfter kämpft er gegen den bösen schwarzen Vergessenstroll, wie Mia das nennt. Mias Eltern finden das schlimm, fühlen sich schnell überfordert und hilflos. Mia geht ganz anders mit der Krankheit ihres Urgroßvaters um. Unbekümmert wie es wohl nur ein Kind sein kann, versucht sie, Opapi dabei zu helfen, sich zu erinnern. Und als plötzlich ein kleiner Junge auftaucht, nimmt sie auch den freundlich auf.

„Als Opapi das Denken vergaß“ ist ein besonderes Kinderbuch, denn es nimmt sich einem ernsten Thema an, mit dem viele Kinder in Berührung kommen. Wie viele Familien gibt es, in denen ein Großelternteil oder ein anderer älterer Verwandter an Demenz erkranken? Das sind sicher viele, und wenn es dann soweit ist, fragen sich die Erwachsenen, wie sie ihrem Kind erklären sollen, was im Kopf des alten Menschen passiert. Nun, dieses Buch bietet die Antwort darauf, am besten liest man es zusammen mit seinem Kind. Dann erfährt das Kind mehr über den schwarzen Vergessenstroll, wie man mit ihm umgehen kann und dass er nicht so schlimm ist, wie es die Erwachsenen glauben.

Auch die erwachsenen Leser können viel aus dem Buch mitnehmen, vor allem, dass man nicht alles so kompliziert machen und sehen sollte. Einfach Vertrauen in sich und die anderen haben, akzeptieren, dass das Gedächtnis der älteren Verwandten nachlässt, aber auch, dass das eben nicht das Ende von Spaß und schönen Momenten ist. Akzeptieren und das Beste aus der Situation machen, dass ist das, was jeder von Mia lernen kann. Das kleine Mädchen macht das ganz selbstverständlich, und ihre jungen Leser werden ihr hoffentlich nacheifern.
Wir Erwachsenen haben es da nicht ganz so leicht. Ich habe zwar viel aus dem Buch mitgenommen, fühlte mich unglaublich gut unterhalten und wurde immer wieder zum Nachdenken angeregt durch Mias und Opapis Geschichte, aber mit dem Strang rund um den kleinen Jungen, der plötzlich auftaucht, hatte ich z.B. etwas Probleme, fand es schwierig, ihn zu akzeptieren. Warum? Tja, das beantworte ich am besten mit einem Zitat aus dem Buch, das trifft es.

Wie genau es aber gehen konnte, was Mia mit Berti erlebte, darüber zerbrachen sie sich nicht den Kopf. Das war etwas für die Erwachsenen. Die mussten ja immer alles begreifen. Mia, Felicia und Tobi reichte es vollkommen zu wissen, dass Berti da war. (S.97)

Ich denke, Mia hat recht, wenn sie meint, dass der Umgang mit dementen Menschen verkompliziert wird, wenn man alles analysieren möchte, versucht, alles zu verstehen und rational zu betrachten. Mia ist ein gutes Beispiel dafür, dass man sich einfach auf seine Instinkte verlassen, seinen Gefühlen folgen und die Mitmenschen so akzeptieren sollte, wie sie sind.

Das Buch ist ein wunderschönes Kinderbuch, das zum Nachdenken anregt und Jung und Alt dabei helfen kann, Demenz zu akzeptieren und besser mit ihr umzugehen. Ein richtiges Juwel im Bereich der Kinderbücher!

Redakteur: Anette Leister

“Alle Menschen sollten ihre Kindheit von Anfang bis Ende mit sich tragen.”
Astrid Lindgren

Mias Urgroßvater – den sie Opapi nennt – ist mittlerweile über 80 Jahre alt und wird immer vergesslicher. Da er nicht mehr alleine wohnen kann, zieht er vom Bodensee in den Norden zu seinem Enkel und dessen Familie.
Für seinen Enkel und seine Frau ist die Umstellung groß, denn ein demenzkranker Angehöriger bedeutet Verantwortung und Pflegeaufwand. Mia selbst geht an die Krankheit lockerer heran, auch wenn sie der unbekannte Junge in Opapis Wohnung verwirrt. Er riecht nach See und Fisch und hat ständig Unfug im Kopf. Scheinbar fällt der Junge aber niemandem außer Mia auf, und selbst mit ihrem Opapi kann sie nicht über ihn reden, denn Berti – der Junge – und Opapi sind nie zur gleichen Zeit anwesend. Es dauert eine Weile bis Mia merkt, dass die beiden trotzdem sehr eng miteinander verbunden ist…

Bei den Sachen, die Opapi einfach nur verlegte, half Mia ihm suchen. Bei denen, die er vergaß, war es etwas schwieriger. Denn dummerweise konnte Mia nur dann das Licht für Opapi anknipsen, wenn sie wusste, was er in seinem Gedächtnis gerade nicht fand. Bei allem anderen konnte sie nur wie bei Joni und Nils ein Nachtlicht in die Steckdose neben der Tür stecken. Und das tat Mia, so oft es ging. (S.99)

“Als Opapi das Denken vergaß” ist ein sehr gutes Kinderbuch, welches einem mit einem verzauberten Flair vermittelt, was Demenz bei Betroffenen und deren Angehörigen bewirkt und in welchem Maße diese Krankheit in das Leben all jener beeinflusst. Zudem ist es aber auch ein Plädoyer dafür, wie wichtig ein Mehrgenerationenhaushalt für eine Familie sein kann. Opapi bleibt trotz seiner Krankheit in einer familiären Umgebung, die Kinder wachsen mit einer Selbstverständlichkeit fürs Altwerden und (altersbedingte) Krankheiten auf und lernen dadurch mehr Verantwortung zu tragen und wachsen früher in die Selbstständigkeit hinein.
Von der Verantwortung, die die Erwachsenen im Umgang mit ihrem an Demenz erkrankten Verwandten tragen müssen, bekommt man nur etwas am Rande mit, da diese Geschichte aus der Sicht Mias erzählt wird. Kinder sollen diese Krankheit verstehen lernen und bekommen zudem von der Autorin vermittelt, wie sie dem Kranken helfen und damit ihre Eltern unterstützen und entlasten können. Denn Mia unternimmt gemeinsam mit Opapi regelmäßig unter zu Hilfenahme dessen alter Fotoalben Fantasiereisen in seine Vergangenheit, so wird sein Gedächtnis trainiert und er findet zudem Ruhepunkte in seinem bisher Erlebten, wenn ihn die Gegenwart mit der neuen Lebens- und Wohnsituation überfordert.

Die Covergestaltung gibt einen sehr schönen und umfassenden Einblick in Opapis “altes” und “neues” Leben, da man hier den kleinen Berti findet, das gelbe Haus, in dem Opapi aufgewachsen ist, aber auch Mia und Opapi, wie sie Hand in Hand durch die Erinnerungen spazieren.

“Als Opapi das Denken vergaß” ist ein richtiger Familienschmöker, der Verständnis, sowohl für die an Demenz erkrankten Personen als auch für deren Angehörige, vermittelt und spielerisch Tipps für das Leben und den Umgang mit dieser Krankheit gibt.

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