Redakteur: Christiane Demuth
Autor: Catherine Simon
Verlag: Goldmann
Reihe: Kommissar Leblanc 3
Ausführung: Taschenbuch, 256 Seiten
Catherine Simon ist das Pseudonym für Sabine Grimkowski. Seit 1999 ist sie als Redakteurin beim Südwestrundfunk in der Redaktion Literatur tätig. Sie hat Sachbücher geschrieben, unter anderem den Reisebegleiter “Normandie”, und Romane zu Fernsehserien. Regelmäßig fährt sie in die Normandie und verbringt in Trouville einen Teil des Jahres. Sie wohnt dort im legendären “Hôtel des Roches Noires”, wo schon Marcel Proust logierte und Marguerite Duras eine Wohnung besaß. Sabine Grimkowski lebt in Baden-Baden.
BITTERER CALVADOS
Im Frühling beginnt die Festival-Saison, so macht auch ganz Deauville sich bereit. Zum fünften Mal wird hier nach Lust und Laune gemordet, entführt und gefoltert, denn „Mord am Meer“ lockt die Besucher mit namhaften Krimiautoren ins Dorf. Die Auftaktveranstaltung mit dem berühmten Jean-Paul Picard ist ein voller Erfolg. Alle sind begeistert, es wird gefeiert, gelacht, getrunken, doch plötzlich ist alles anders: JPP, wie der Bestsellerautor gemeinhin genannt wird, liegt tot in seiner Suite, vergiftet mit Zyankali. Für Kommissar Leblanc beginnt ein Spießrutenlauf der etwas anderen Art. Jeder, der in irgendeiner Weise mit dem Schreiberling in Verbindung stand, hat ein Motiv, die Liste der Verdächtigen wird immer länger. Doch scheinbar hat wiederum auch jeder einzelne ein Alibi. Es ist zum verrückt werden. Hat JPP sich am Ende womöglich selbst umgebracht?
Die Brisanz lag auf der Hand, nicht nur, weil der Tote der Bestsellerautor JPP war, sondern weil deR Mord ausgerechnet während eines Krimi-Festivals geschah, das sich auch noch „Mord am Meer“ nannte. Eine Ironie des Schicksals, für Journalisten eine Steilvorlage. (S. 96)
In seinem dritten Fall bekommt Kommissar Leblanc es mit einigen Vertretern der Autorenzunft zu tun, die gerne und zahlreich einige Auswüchse ihrer Fantasie zum Besten geben, und das nicht nur auf dem Papier. Kaum, dass der Tod des Bestsellerautors publik gemacht wird, treten die wildesten Spekulationen zutage, nahezu jeder kann ein Puzzleteil beisteuern, um das Opfer zumindest allumfassend zu beleuchten. Doch was dabei heraus kommt, stiftet noch einiges mehr an Verwirrung als dass es zur Lösung des Falls beitragen kann. Leblanc muss unbedingt und kontinuierlich zwischen den Zeilen lesen, sonst verstrickt er sich schnell in einem Wust aus Annahmen und nicht verifizierten Aussagen, die jedoch alle eins gemeinsam haben: JPP war alles andere als beliebt.
Bereits von Anfang an wird ordentlich Spannung aufgebaut, die sich im weiteren Verlauf noch steigern kann und den Leser mitreißt in diesen Strom aus Neid, Missgunst und Intrigen. Wer sagt die Wahrheit und wer verschanzt sich hinter einem feinen Netz aus Lügen? Nahezu jeder landet einmal auf der Verdächtigenliste, zumeist währt dieser Zustand jedoch nicht lange, denn kaum, dass ein Alibi bestätigt wurde, kann man den mutmaßlichen Täter wieder streichen. Je weiter man also das Geschehen verfolgt, desto nervöser wird man, ob es überhaupt noch zu einer erklärenden Auflösung kommt, denn schon bald gibt es kaum noch jemanden, der für die Tat infrage käme. Natürlich versucht man selbst eigene Gedankengänge zu verfolgen, vielleicht hat Leblanc ja auch etwas übersehen, wundern würde es den Leser jedenfalls nicht. Hat er schließlich nicht nur mit dem Fall, sondern erneut mit privaten Problemchen zu kämpfen, die ihn so manches Mal aus der Bahn werfen.
Kaum, dass man auf die Zielgerade einbiegt, sinkt die Spannungskurve rapide, wodurch sich leider Ernüchterung einstellt. Es scheint als sei das gesamte Pulver bereits im Vorfeld verschossen worden, das Tempo geht merklich zurück und der Leser wird irgendwie in der Schwebe gehalten. Ein deutlich spürbarer stilistischer Bruch, den man nicht recht einzuordnen vermag, der aber im Gedächtnis bleibt. Ein weiterer, kleiner Kritikpunkt liegt darin begründet, dass der Leser schon leicht verwundert ist, wenn aus „JPP“ plötzlich „JJP“ wird, und das womöglich noch auf ein- und derselben Seite. Dies ist zwar für die inhaltliche Darstellung nicht relevant, aber dennoch ärgerlich, da es nicht nur einmal vorkommt.
Nichtsdestotrotz hat „Bitterer Calvados“ einiges zu bieten und holt den Leser über gut ¾ der Wegstrecke ab, so dass die negativen Eindrücke nicht allzu sehr ins Gewicht fallen.
Reihen-Info:
Band 1: Kein Tag für Jakobsmuscheln
Band 2: Wintergäste in Trouville
ANDERE AUSGABE?