Redakteur: Christiane Demuth
Autor: Verena Stauffer
Verlag: Kremayr & Scheriau
Reihe: -/-
Ausführung: Hardcover, 256 Seiten
ORCHIS
Anselm ist schon von klein auf in der Botanik zu Hause, besonders angetan haben es ihm Orchideen. Eines Tages begibt er sich euphorisch und beschwingt auf eine Expedition nach Madagaskar, dort soll ein ganz besonderes Exemplar zu finden sein. Während dieser Reise stößt er allerdings nicht nur auf Mitreisende, sondern mitunter auch an seine Grenzen, was jedoch erst nach der Rückkehr deutlich zutage tritt. Nachdem Anselms Eltern keinen anderen Weg mehr sehen, beschließen sie sich professionelle Hilfe zu holen, damit ihr Sohn wieder gesellschaftsfähig wird. Alles scheint gut, doch das 19. Jahrhundert hat seine Tücken, Anselm verliert sich immer wieder in wissenschaftlichen Neuerungen, die ihm den letzten Nerv rauben und ihn schlussendlich auf eine verhängnisvolle Reise nach China führen.
Die beiden Ärzte erklärten Anselm den Gebrauch der Cox‘ swing, die sich im angrenzenden Zimmer befand. […] Die Drehung sollte zu starker Übelkeit und Schwindel führen, aber vor allem zu einer veränderten Durchblutung des Gehirns, da sich der Kopf des Patienten außerhalb der Drehachse befand. (S. 87)
Orchideen sind absolut faszinierende Pflanzen, doch wäre man selbst bereit für eine Sache so weit zu gehen wie es der Hauptprotagonist tut? Vermutlich käme es auf den Anreiz an und doch glaubt man seine Gefühle und Gedanken insofern im Griff zu haben, als dass ein Abdriften in eine Art Manie schon nicht passieren würde. Aber ist es nicht gerade dieses Denken, welches uns sorglos werden und die Anzeichen übersehen lässt? Hat Anselm wohl im Vorfeld geahnt was ihm Widerfahren würde, dass die Realität mitunter täuschen kann? Sicherlich kann man in vielerlei Hinsicht nur Vermutungen anstellen, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen ist aber dennoch nicht verkehrt.
Verena Stauffer erschafft mit ihrem Debütroman ein wort- und bildgewaltiges Werk, das bestimmt nicht jeden Leser gleichermaßen anspricht, aber doch so viel in sich trägt. Anmutig erzählt sie von der Verwirrtheit eines Mannes, den seine Leidenschaft auf den schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn führt. Vielleicht kann das eine gar nicht ohne das andere. Während der Lektüre bricht sich eine Begeisterung bahn, die man im Vorfeld nicht unbedingt für möglich gehalten hätte. Je tiefer man jedoch in die Thematik eintaucht, desto mehr wird man in einen ebensolchen Bann gezogen, wie ihn auch Anselm verspüren muss.
Trotz schwermütiger Passagen und schier ausweglosen Situationen schafft es die Autorin die Atmosphäre mit einer gewissen Leichtigkeit zu füllen, wodurch ganz viel Glanz und Poesie im Vordergrund stehen, erinnert man sich an das Gelesene zurück.
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